Der Froschmäuseler
oder

Geschichte des Frosch- und Mausekriegs

von

Marx Hupfinsloch von Mauseloch.

(Georg Rollenhagen)

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Ein Volksbuch aus dem sechzehnten Jahrhundert.
Für Volk und Jugend neu bearbeitet
von

Friedrich Seidel

mit
Illustrationen von A Wiedemann.

Langensalza,
Schulbuchhandlung b. Th. L. B.

1861


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Der Froschmäuseler

Dritter Theil.

Von der Frösche und Mäuse erschrecklichen
blutigen Schlacht.

Das erste Kapitel.

Der Frösche und Mause Fußfall und Ermahnung
an die Kriegsleute.

Bald kamen der Herolden zween,
Ließen die Blutfahnen sehen.
Die Mücken kamen auch gezogen,
Ueber beiden Heeren geflogen,
Hatten große Posaunen alle,
Und bliesen drein mit lautem Schalle.
Das Wetter schlug auch tapfer drein
Mit Donner und mit Blitzes Schein,
Was gar ein böses Zeichen war
Und den Kriegern droht' Gefahr.

    Wie sie aber waren so nahe,
Daß ein Haufen den andern sahe,
Thaten ein'n Fußfall die Mäus' allgemein,
Daß Gott wollt' ja ihr Beistand sein;
Worauf sie denn Herr Zuckermund,
Ihr Priester, wohl vertrösten kunnt'.

    Der König in selbsteigner Person,
Führt' auf der Sturmhaub' seine Kron'
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Und sprengt mit seinem Hengst hinan,
Redet den hellen Haufen an:
„Liebe Helden, liebe Kriegesleute,
Eure Treu' wollt ihr bedenken heute,
Den Feind angreifen wie tapfre Mann,
Der Sieg gewiß nicht fehlen kann.
Gott mein's Sohn's Mord bezahlen soll,
Weil sie die Straf' verdienet wohl!"
Sie riefen all': „Wir folgen gern,
Wollen uns wie die Helden wehr'n!"

    Die Frösche thaten desgleichen auch,
Streckten sich auf den kalten Bauch,
Baten, weil die Mäus' aus Hofsart
Und böser teufelischer Art
Sie ohne Schuld wollten ermorden, —
Wie vom Konig berichtet worden, —
Wollt' er als ein gerechter Gott
Sie hüten vor unschuld'gem Tod
Und sie in Nöthen nicht verlassen;
Sondern die Räuber auf den Straßen,
Die diebischen Mäuse erschrecken und jagen,
Daß sie sie möchten alle erschlagen.
Ihr Pfarrer tröst't sie unterwegen,
Sprach ihnen Absoluz und Segen
Von einem hohen Baum am Rand,
Bei dem sie austraten an's Land.
Herr Laubfrosch mit feinem grünen Kleide
Kroch hernach in ein' hohle Weide,
Darin wollt' er die Hora's lesen;
Bei Schlangen däucht' ihm nicht gut Wesen (sein).

    Der König aber, Bausback genannt,
Mit Grünrock, seinem Lieutenant,
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Und den Befehlshabern mehr
Zog herum bei dem ganzen Heer,
Sprach auch die Krieger tapfer an:
„Frisch auf", sprach er, „ihr lieben Mann!
Und fasset einen Heldenmuth,
Nun soll'n all' Sachen werden gut!
Schlaget nur weidlich in den Haufen,
Daß der Schelmen keine entlaufen.
froschmaus22

Sie ziehen schon auf uns heran.
Nun haltet euch wie tapf're Mann!
Ihr sollt bleiben nicht unbegabt,
Wenn ihr den Feind erschlagen habt!"
    Sie riefen: „Jo, jeck, jick, jeck, ja,
Darum sind wir jetzt Alle da!"
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Das zweite Kapitel.

Des Mäusekönigs Erbieten gegen die Frösche
und ihren König.

    Wie nun also in wenig Stunden
Die Heere sich gegenüber funden,
Und jetzt wollten zusammengehen,
Wollt' Jeder seinen Mann bestehen,
Stampft mit den Füßen, fäustet die Händ'
Und seinen Feind verachtet und schänd't;
Als wenn zwei Ochsen sich erbosen,
Ungestüm auf einander stoßen
Und zuvor mit grimmigem Gesicht
Dastehen gegeneinander gericht't,
Die Erde scharren, die Hörner wetzen,
Den Schwanz mit einem Brumm aufsetzen,
Messen zu, wer soll anfangen,
Wie sie den Feind wollen empfangen.

    Da schickt' der Mäusekönig heran,
Und ließ den Fröschen zeigen an
Durch Frischblut, seinen Lieutenant,
Der mit Trompeten kam gerannt:
Nicht mit allen Froschgeschlechten
Wollt' er rechten noch und fechten,
Ihr König allein an dem Ort
Hätt' seinen lieben Sohn ermord't;
Wenn der seinen Sohn wiederstellt
Als Ranzion und Lösegeld,
Daß dieser nun auch sterben müßt', So wär' die Missethat gebüßt.
Wäre ihm aber dieß nicht gelegen,
So war' der Mäusekönig zugegen,
Wollt' einen Kampf mit ihm drum halten,
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Man sollt' allein sie lassen walten.
Was sollt' ein Freund den andern spießen,
Ohn' Noth unschuldig Blut vergießen! —

    Obgleich diese Rede Etliche acht'ten,
Daß sie billig wär' zu betrachten,
So rief doch unsinnig der Hauf:
„Immer fort, nun renn', nun lauf' !
Wirf, schlag und stich den Schelmen todt,
Daß er bekomm' Verräther-Brod!"
Damit fing sich der Lärmen an,
Jeder schoß und warf auf den Mann,
Daß er mit Noth entrinnen kunnt'
Und sich zu seinem König fund.
Der ergrimmte und ließ aufblasen;
Die Feinde thaten gleichermaßen.
Nun griffen also beide Heere
Mit großem Getümmel zur Wehre.

Das dritte Kapitel.

Wie die Frösche und Mäuse zusammentreffen.

    Als sich der Lärm also anfing,
Das Kriegsvolk frisch zusammenging,
Gleich wenn das Eis mit einem Knall
Im großen Sturm bricht überall :
So war Mohrtanz und seine Mann
Mit Stein und Pfeilen tapfer dran,
Warfen von sich, schleuderten, schossen,
Es fiel so dick wie Hagelschloßen,
Und kam mancher Maus auf den Rücken,
Daß sie die Nas' in's Gras mußt' bücken.
Das span'sche Weißfähnlein macht' auch
Den Fröschen einen bösen Rauch;
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Aber das Schwarzfähnlein blieb aus,
Das kostet manche stolze Maus,
Denn es hielt zwischen Pferd' und Berg,
Stieg nach der Linken auf die Zwerg' (Quere),
Und konnt' nicht brauchen sein Geschoß,
Was Milchrahmleckern sehr verdroß,
Rief: „Halt't alle Schild' aufwärts,
Daß euch nicht das Geschoß gefährt't.
Eilt muthig auf den Feind hinein,
Sonst wir allsammt verrathen sein!"
Damit lief er zum Feind hinan,
Fähnrich Stolzer, der kühne Mann,
Setzt mit den Doppelsöldnern nach,
Und hoffet schon gewonnene Sach'.
Die Schützen flohen nach dem See,
Das bracht' den Mäusen großes Weh;
Denn als die Frosch' kam'n an den See,
Gefiel ihnen die Flucht nicht meh (mehr),
Sondern wichen zur linken Hand
Hinter den Berg in's sichre Land
Und ließen der Mäuse hellen Haufen
Vom Ufer bis an's Wasser laufen.

froschmaus23
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Da empfing sie der Hinterhalt,
Daß ihnen's Herz im Leib erkalt't;
Riefen: „Ihr Kuhmelker, willkommen!
Eur' Ankunft hab'n wir gern vernommen;
Nun geht mit Freuden in das Bad,
Dazu euch lang' geschwitzet hat!"
Da blieben viele Mäuse todt,
Oder kamen in Wassersnoth,
Daß sich's nicht anders ansehn ließ,
Als hätten die Frosch' den Sieg gewiß;
Drum etliche schon riefen da:
„Quak, quok, quuk, quek, quiktoria!"

Das vierte Kapitel.

Wie dem Apfelschmack seine Schifffahrt gerathen sei.

    Zuletzt kam Apfelfchmack daher
Mit seinem Schiff zur Gegenwehr.
Wie der nun zeitig ward gewahr
Das Unheil, daß der Mäuse Schaar
In's Wasser plumpt mit einem Hauf',
Zu Hilf' er kommt in schnellem Lauf;
Gibt noch Befehl den andern Schiffen,
Daß sie auch bald hieher liefen.
Mit einem Wimpel, das sehr hoch
Oben am Mastbaum umherflog,
Zum Fähnrich Stolzer eilt er risch (rasch),
Der da schwamm wie ein Wunderfisch
Bei den Mäusen im großen Haufen
Und konnt' den Fröschen nicht entlaufen,
Die alle wollten auf ihm liegen
Wie auf dem Honigtopf die Fliegen.
    Wie aber die Frösche ungefähr
Das seltsam Schiff sah'n kommen her
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Mit seinem Segel und den Kränzen,
Die Schiffsleute mit langen Schwänzen:
Da ließen sie den Fähnrich liegen,
Eilten davon, als könnten sie fliegen,
Meinten, es wär' ein wilder Drache,
Der erschienen war' zur Rache.

    Das war den Mäusen ein Vortheil;
Apfelschmack fing in großer Eil'
Mit einem Haken den Fähnrich,
Zog ihn auf das Schiff zu sich,
Sein Beistand war auch fleißig dran,
Die Mäus' beim Schwanz zu halten an,
Daß keine siele über Bord
Und würden von der Fluth ermord't.

    Indem kam Wulfstreifer gegangen,
Fing das Fähnlein auf bei der Stangen,
Das er auf dem Schiff liegen ließ,
Den Froschen allen zum Verdrieß (Verdruß);
Bis Stolzer auswarf seinen Trank,
Daran er war gar tödtlich krank.

    Es war da weder Rast noch Ruh';
Alles steuert dem Fähnlein zu,
Was noch im See behielt das Leben.
Ein Jeder verhieß viel zu geben,
Wenn Apfelschmack ihn nehmen würde.
Damit wuchs des Schiffleins Bürde;
Und zu der Zeit hingen daran
Roch über die dreihundert Mann,
Die alle wollten zu ihm hinein.
Die im Schiff' ließen es nicht sein,
Baten himmelhoch, daß sie blieben,
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Bis andre Schiffe herantrieben;
Sonst würden sie alle zugleich ermorden; —
Aber man glaubt' nicht ihren Worten.
Die andern Schiff' eilten ungeheuer,
Doch eh' sie ihnen kamen zu Steuer,
So ging der Apfelschmack zu Grund;
Das Schifflein nicht mehr tragen kunnt'.
Da erhob sich ein Jammergeheul,
Wünschten dem Achtseinnicht viel' Beul',
Daß er sie also ließ ertrinken,
Mit Schiff und allem Heil versinken. -
Da schwamm das Kränzlein und der Mann,
Das Fähnlein auch vorne daran.
Die Frösche aber nahmen's in Acht,
Und sprangen wieder zu mit Macht,
Das Fähnlein wieder hin zu rücken,
Die Schwimmenden zu unterdrücken;
Wie es im Kriege pflegt zu gehen:
Unglück pflegt hinter'm Glück zu stehen.

Das fünfte Kapitel.

Wie der Mäusekönig umringt ward.

    Als nun der Mäus'könig vermeint,
Daß aus Furcht entwich der Feind,
Rückt er freudig, ohn' alle Sorgen
Des Padran's Reitern zu gen Morgen.
Indessen kommt von linker Hand
Der Mordachs trotziglich gerannt,
Und wendet sich mit seinen Leuten,
Padran genüber zur andern Seiten,
Bis sie den Mäusekönig umringen,
Und mit Gewalt auf ihn eindringen,
Ob sie ihn da könnten erschlagen,
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Oder in'n See zu Grabe tragen.
Da waren die Frösche herzlich froh,
Daß es nach ihrem Wunsch ging so.
Als wenn die Hund' ein'n wilden Bären
Umringen und gar weidlich zerren,
Also setzten sie ihm zu,
Und ließen ihm gar wenig Ruh'.

    Wie manche Maus von Herzensgrund
Wünscht', daß sie doch daheim gesund
Wiederum sitzen möcht' im Nest,
Wollt' sagen: „Ich bin da gewest;
In Krieg da geh' ich nimmermehr,
Und zürnt' der König noch so sehr!"
Viel riefen: „Ach mein Mütterlein,
Wüßtest du deines Sohnes Pein,
Du würdest blut'ge Thränen weinen!
O, wer geblieben wär' daheimen!
Gott tröst' mein Lieb', die schöne Maus,
Wenn ich nicht wieder komm' nach Haus!"
Ja, die sehr stark und jung von Jahren
Und die Allermuthigsten waren,
Die alle Frosch' allein wollten fressen, —
Hatten ihres Muth's vergessen,
Standen rathlos und verzagt;
Keiner dem König zu helfen wagt.
Mordachs wär' auch ganz durchbrochen,
Und hätt' den Mäus'könig erstochen,
Wenn nicht des deutschen Fußvolks Macht
Ihr Regiment hätt' hergebracht,
Und ihnen widerstanden hätten;
Wie die Franzosen bei Padran thäten.
Der Schluckbruder fuhr so gar wild,
Daß er den Mordachs aufhielt,
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Und seinem Roß ein Bein abschlug,
Dadurch es bekam seinen Fug (Theil),
Und mit dem Reiter fiel darnieder.
Und ob Mordachs auch gleich bald wieder
Gesetzt ward auf ein ander Roß,
Hielt ihn doch auf derselbe Stoß,
Und macht', daß er kein'm Andern flucht,
Auch keinen als Schluckbrudern fucht,
Der seiner aber nicht warten kunnt',
Sondern eilet hindurch zur Stund'
Mit seinem muthigen Beistand,
Hin, wo Mordachsens Fahn' er fand,
Ob er derselben ein' ergriff,
Wohin ihm Jeder nachritt und lief,
Und so der König frei könnt' werden
Aus dem Angstgedränge und Beschwerden.
    Als dieser nun die Fahn' begehrt,
Hätt' sich der Frosch' Herz bald umkehrt,
Wenn nicht Mordachs wär' selbst ankommen,
Und sich des Lärmens angenommen.
Der auf Fähnrich Saufausen rannt',
Und hieb ihm ab die rechte Hand,
Daß sein Fähnlein zu Boden ging,
Das er mit der linken auffing,
Und hielt's männlich wieder empor,
Ob er gleich eine Hand verlor.
Die Doppelsöldner nahmen's in Acht,
Schlugen um sich mit aller Macht,
Daß bei dem Mordachs viel Froschreiter
Abfielen wie gemeine Kräuter;
Insonderheit die muth'gen Helden
Mückenfahrer und Fleuchdiekälte,
Die Schmeckbilder mit dem Schlachtschwerte
Wie die Kornähren hieb zur Erde.
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    Der Schluckbruder kriegte auch in Eil
In's linke Aug' ein'n scharfen Pfeil,
Als er sah nach der Reiterfahn';
Blieb doch ein unverzagter Mann,
Warf den Pfeil mit dem Aug' hinweg,
Sprach: „Der hat getroffen den Zweck!
Ich will die Frösche auch nicht fehlen
Und ihnen die Köpfe so verkeilen,
Daß ihn'n Seh'n und Hören vergehe,
Dieweil ich mit einem Aug' noch sehe!"

    Bald ihn Fürst Mordachs hier erblickt,
Und sich mit seinem Spieß anschickt,
Spricht: „Find ich dich, du loser Mann?
Sieh, das sollst du zum Trinkgeld han!"
Hofft ihn zu durchrennen gewiß.
Schluckbruder schlug ihm aus den Spieß,
Daß er kein Leid davon empfing,
Sondern durch Küchdiebs Kehle ging,
Der hinter ihm stand im Gedränge,
Und für todt hinfiel in der Menge.
Er sprang aber zum Mordachs wild
Und sprach: „Halt! Mein's nun wieder gilt!"
Und hieb auf ihn ein mit dem Schwert,
Daß Mordachs beinah' stürzt' vom Pferd;
Aber der Schild war fest und hart,
Daß er gar nicht verwundet ward,
Sondern das Schwert in Stücke sprang.
Mordachs säumet sich auch nicht lang
Und zog seinen Säbel herfür.
Auf daß er ihn damit nicht rühr',
Fuhr Schluckbruder in großer Eil'
Den Mordachs an gleich wie ein Pfeil,
Hin auf das Roß, faßt' ihm die Kehle;
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„Nun", sprach er, „befiehl Gott die Seele!"
Indem stürzt das Roß im Trab
Und wirft sie zugleich mit ab;
Mordachs stieß ihm den Kopf,
So viel er konnt', mit dem Säbelknopf,
Bis er seines Dolchs gedacht',
Setzt' ihm den in die Seit' mit Macht,
Den Schluckbruder nicht lange stecken ließ,
Sondern Mordachsen in die Gurgel stieß.

    Indeß wüthet zu beiden Seiten,
Was dabei war von ihren Leuten,
Daß ihrer viel am selben Ort
Zugleich mit ihm wurden ermord't;
Als wenn der Wind ein'n Baum umreißt,
Der eine den andern mit niederschmeißt,
Daß sie beid' nicht allein verderben,
Sondern viel junge Nachbarn mit sterben.

Das sechste Kapitel.

Wie Frieblieb sein Volk anführet und den
König erlöset.

    Friedlieb aber hat längst im Feld
Auf hohe Bäume Wache gestellt,
Und kamen von den flücht'gen Haufen
Etliche zu ihm gelaufen,
Berichten, Alles wär' verlor'n,
Da sprach Friedlieb in großem Zorn:
„So geht's, wenn man im Krieg veracht't
Guten Rath, Kundschaft, fleißig Wacht.
Wohlan! Zu warten nicht gebührt,
Bis der König uns selbst zitirt,
Wir müssen uns auch lassen sehen,
Als treue Unterthanen bei ihm stehen,
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In dieser Noth bei ihn hintreten
Und, so Gott will, daraus erretten.
Folgt mir getrost dem Ufer nach,
Und habt wohl in Acht eu're Sach' !
Fünf Fähnlein aber sollen stehen
Und auf der Sachen Fortgang sehen,
Daß ich nicht von den losen Possen
Unversehens werde eingeschlossen!"

    So zogen auf die weißen Mann,
Die andern Schiffe kamen auch heran,
Und ließen die Segel sich sehen,
Die auf den Bergen blieben stehen.
Als nun die Frosch' dieß Wunder sahen,
Daß solche weiße Leut' sich nahen
Beides zu Wasser und zu Land,
Das Herz sich in dem Leib umwand.
Aber Friedliebens zwölf Heertrummen (-trommeln)
Machten ein gar erschrecklich Brummen,
Und vierundzwanzig Klarinetten
Fingen an auch zu trompeten,
Das weit in dem See überall
Gab einen doppelten Wiederhall.
Er fiel ein zu der rechten Hand,
Wo sich das Wasser stößt an's Land,
Und wo der allgemeine Hauf
Unerfahr'ner Frosch' wartet drauf,
Daß man die Mäus' in's Wasser stieß.
Das bracht' den Fröschen groß Verdrieß,
Daß sie den König sollten lassen
Und nun verwahren diese Gassen,
Und sollten jenen lassen entfliehen.
Die Befehlshaber riefen und schrieen,
Insonderheit Makron, der Held,
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Bermahnt, weil es gewonnen gelt',
Daß Jedermann fället' den Spieß,
Und den Feind nicht einbrechen ließ';
Der Mäus'könig wär' schon gefangen;
Am höchsten Baume sollt' er hangen.

    Der gemeine und alberne Mann,
Der zuvor nie zum Kriege kam,
Verstand das Spießfällen nicht recht,
Warf seine Wehr auf den Acker schlecht,
Und stand da mit leerer Hand,
Oder lief erschrocken in's Land,
Meint', daß die Schiffe und weißen Leute
Nichts anders, denn Gespenster bedeuten.
Da erhob sich ein Mordgeschrei ;
Die Heldenfrösche wollten herbei,
Den Einfall zeitig abzuwehren;
Die Wehrlosen hüpften die Queren.
Friedlieb vernahm gar bald die Sach'
Und eilt' den Flücht'gen hintennach,
Und stach darein wie in die Schwein',
Bis er das Ufer machet rein,
Die Frösche all' den Berg 'nauftrieb,
Und ein weiter Raum um ihn blieb.

    Da fand er unter Mann und Rossen,
So von den Fröschen waren erschossen,
Vorklugen liegen an der Erde,
Der war gefallen mit dem Pferde,
Und rief, er mög' sich sein erbarmen.
Die Trabanten nahm'n ihn bei'n Armen,
Zogen ihn hervor mit Gewalt,
Daß sich der Stiefel am Fuß zerspalt't,
Und die Sporen hängen blieben.
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Das dankt er herzlich dem Friedlieben,
Und hinket hin zum Hinterhalt,
Wohin er ward begleitet bald.

    In diesem Lärmen und Auflaufen
Bekam der König und sein Haufen
Nun wieder einen freien Paß,
Und rückt zu Friedlieben fürbaß,
Ließ ihm sagen, daß er fortzieh'n sollte,
Und daß er ihm nun folgen wollte,
Und sich nach Friedlieb richten eben,
Weil Gott dem hätt' das Glück gegeben.

    Drauf zog Friedlieb und seine Mann
Zwischen dem Berg und See hinan,
Und der König hintennach.
Ein Jeder schickt sich in die Sach',
Vornehmlich die spanischen Schützen
Alle zu Friedliebs Hinterhalt stürzen,
Und ihre Station da nehmen,
Bis sie neuen Befehl bekämen.

    Wie das die Froschherren gesehen,
Blieben sie auch nicht daselbst stehen,
Wählten an dem Berg' die Stätt',
Die zuvor das Schwarzfähnlein hätt'.
Da machten auch die Kriegesheld'
Ein' neue Ordnung in dem Feld,
Wie sie wollten die Wehr vornehmen,
Wenn die Mäuse wiederkämen;
Der gemeine Mann jedoch verzagte,
Und lief, auch wenn ihn Niemand jagte.
    So war der Streit in kurzer Zeit
Auf andre Weise denn erneut.
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Das siebente Kapitel.

Wie die Kriegsheere von neuem gegeneinander
aufziehen.

    Als nun die Sonne ging hinab,
Der Berg ein'n langen Schatten gab,
Der Wind aber zwischen West und Nord
Je länger, je stärker weh'te fort,
Wandte Friedlieb gar geschwind
Den Rücken gegen Sonne und Wind,
Und schwang sein Schlachtheer in die Krümm',
Vom Wasser gegen die Frosch' herum,
Und zog straks auf den Päderan,
Der wiederum hielt vorne an.
Indeß kam auch der Hinterhalt
Heran, wie Friedlieb hatt' bestallt,
Lauter junge, frische Kunden,
Die alle ihren Mann wohl stunden.

    Wie das Mohrtanzens Leutenant
Vom hohen Berg herab erkannt',
Bracht' er die Schützen mancherlei
Hinter den Fröschen auch herbei.
Da ging der Kampf von neuem an,
Daß fielen beide, Roß und Mann,
Da lag ein Frosch, hier eine Maus,
Und groß Geschrei drang weit hinaus.
Das Blut floß auch so tief im Feld,
Als wenn es aus der Erde quellt'.

    Friedlieb rannt' auf Paderan,
Daß er den Schild mußt' fallen lan (lassen),
Und rücklings stürzen über's Roß,
Was seine Reiter sehr verdroß,
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Die alle auf Friedlieben stachen.
Er achtet aber nicht der Sachen,
Sondern drang auf die Feinde ein,
Zornfunkelnd wie ein wildes Schwein,
Und eilt immer im Haufen baß (fort),
Daß er dem König bahnt die Gaff',
Und die Reihen der Frösche trennt,
Den Krieg brächt' zum gewünschten End'.
Er schlug indeß, wen er bekam,
Den Einen todt, den Andern lahm;
Gründeln stach er das Herz entzwei,
Und weil Bachart noch stand dabei,
Der Gründeln da beschützen wollt', —
Denn er war ihm von Herzen hold, —
So spießt' er Bacharts rechte Hand,
Daß sie Gründeln auf der Brust feststand.
Es kam auch an ein edler Schwabe,
Ein schöner, wohlberedter Knabe,
Springer genennt, war gern dabei,
Wo man sollt' stiften Meuterei.
Der bespottet Friedliebens Kleid,
Fragt, ob er kam' zur Fastnachtsfreud',
Ob er wollt' wissen, wie es thut,
Wenn durch das Weiß flöß rothes Blut;
Die Wollust wollt' er ihm gewähren,
Daß er des Priesters sollt' begehren,
Und legt damit die Stangen ein,
Ihn durchzurennen wie ein Schwein.
Friedlieb sprach: „Du, mein Schwabenkind,
Brauch' nur die Fäust', und spar' den Wind!"
Gab einen Streich ihm mit dem Schwert',
Daß er halbtodt hinfiel zur Erd'.
Dergleichen that er Mückenschluckern,
Gänsfüßern, Tauchern, Wasserguckern
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Und Andern ohne Zahl und Namen,
Wie sie ihm vor die Augen kamen.
Und machet seinen Mäusen Bahn,
Als ob man säh' bergunter gahn (gehn)
Einen schweren Mühlenstein
Ueber die Kräuter groß und klein,
Alles umstoßen, niederreißen,
Gewaltig in ein'm Druck zerschmeißen.

    Darauf kam auch der Rathmann,
Hielt mit seinem Volk tapfer an,
Folgt' dem Friedlieb auf dem Fuß,
Brachte den Fröschen bösen Gruß;
Und da Watarachs ihm wollt' begegnen,
Mit dem Faustkolben ihn zu segnen,
Setzt er sein Schwert ihm in die Seite,
Daß er sich krümmt wie eine Weide,
Fiel in seiner Trabanten Hand
Für todt von seinem Roß auf's Land.
Darüber die Frösch' ergrimmten sehr,
Stellten sich hart zur Gegenwehr,
Wollten rächen ihres Fürsten Tod,
Gält' es gleich die äußerste Roth.
Der starke Frosch, Hellruf genannt,
Maus Lecker durch die Leber rannt',
Dieweil er bei der Mäuse Schaar
Mit vorne an der Spitze war,
Und sprach: „Da lieg', du lose Maus!
Kannst du bleiben nicht zu Haus?
Willst uns bringen ein'n Mummenschanz,
So siedelt man dir solchen Tanz."
Er fiel zurück in Staub hinein,
Macht' sein weiß Hemdlein gar unrein.
Bald traf Hellruf'n ein Pfeil an'n Kopf,
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Daß er auch stürzt, der arme Tropf,
Und blieb urplötzlich selber todt,
Dem eines Andern Tod war ein Spott.
Daß er aber nicht bleib' allein,
Lag er Dreckfroschen auf ein'm Bein,
Was Lochkriecher ward schleunig inn',
Schoß seinen Spieß nach Dreckfrosch hin,
Daß in der Eil' die ganze Stang'
Ihm durch den Brustknochen hindrang,
Und er kam in die letzte Noth,
Die Seel' fuhr hin, und er blieb todt.

Topfkriecher war auch nicht faul,
Hieb Beisköhlern nach dem Maul,
Daß die Sturmhaub' poltert herunter.
Beisköhler sagt: „Das wär' ein Wunder,
Wenn ich das hinnähme für Scherz!"
Erstach Topfkriechers edles Herz.
Der Held Brodfraß stach aber auch
Den Frosch Schreihälsen durch den Bauch.
Wie Herr Seefreud aber sah,
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Was seinem Freund Schreihals geschah,
Daß dieser so ganz jämmerlich
Hinterrücks taumelt von dem Stich,
Und nicht mehr hatt' sein Schwert und Spieß,
Den er in Mäusen stecken ließ; —
Ergriff er einen Mühlenstein,
Und lief damit auf Brodfraß ein,
Warf ihn den mitten auf den Hals,
Daß seinem Aug' ward finster All's.
Maus Leckschwanz bald ein'n blanken Spieß
Ihm wieder nach der Seite stieß,
Und fehlte auch nicht um ein Haar,
Sondern durchstach seine Leber gar.

    Darüber erschrak von Herzensgrund
Kohlfraß, ward bleich um den Mund,
Schnell sich auf die Flucht begab,
Und sprang wieder vom Ufer ab;
Aber der Leckschwanz eilt ihm nach,
Macht von hinten zu die Sach',
Daß er sich streckt auf seinen Bauch;
Der Odem, der entging ihm auch,
Und sein schön purpurfarbnes Blut
Nann zugleich mit der Wasserfluth.
So blieb er liegen in der Noth
Am selben Ufer gar für todt,
Wo auch viel seiner Gesellen lagen,
Erstochen, erschossen und erschlagen.

    Unterdeß Schrotkäs mausen ging,
Perlen zu suchen und güldne Ring',
Bis der Seefrosch über ihn kam
Und ihm Leben und Waffen nahm.
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Das achte Kapitel.

Fortsetzung des allgemeinen Kampfes.

    Gutbischen war eine schöne Maus,
Erzogen in der Großmutter Haus,
Und hielt sich im Streit gar verwegen,
Als wär' er sicher vor allen Schlägen.
An dem wird Weitmaul bald gewahr,
Daß er zur Linken in dem Haar
Unter dem Arm ein Beutlein trug.
Weitmaul meint: „Da ist Geld's genug!"
froschmaus25

Und stach ihn männlich durch den Rücken,
Naß er sich todt in's Gras mußt' bücken,
Und riß in Eil' den Beutel weg,
Lief damit über einen Steg
Unter einen Dornbusch geschwind,
Zu schauen, was er für Beute sind',
Er riß, er biß mit allem Fleiß,
Bis er das Beutlein gar zerreiß'.
Meinen und Hoffen tröstet wohl, —
Geräth aber selten wie es soll. —
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Drin war ein Pergament mit wundersamen
Charakteren, Zeichen und Namen,
Dabei noch gefunden ward
Orand, Widerthan, Eisenhart
Mit einem Stücklein Käs und Brod,
Auch ein Knöchlein von einer Kröt',
Ein Auge von der schwarzen Katze,
Ein langer Schwanz von einer Ratze,
Das ihm die Großmutter einbund,
Damit er nicht würde verwund't,
Auch nicht bezaubert irgend womit;
Aber dießmal half's ihm nit.
Weitmaul aber erschrak dermaßen,
Und konnt' sein'n großen Zorn nicht lassen,
Daß seine Hoffnung war verfehlet
Und er zum Schatz die Kohle gewählet;
Kam in dem blinden Grimm gelaufen
Zur Seit' hin an der Mäuse Haufen,
Die hießen ihn willkommen fein,
Stachen als auf ein wildes Schwein,
Einer durch den linken Arm,
Der Andere ihm durch den Darm.
Er aber griff gar grimmiglich
Mit seinen beiden Fäust'n um sich,
Daß er in den Armen umfing
Den jungen Fechter Springering,
Welchen das heftig verdroß,
Und wollt' sich wieder winden los,
Fing an in's Gesicht zu schmeißen,
Zu treten, zu kratzen und zu beißen,
Bis Weitmaul endlich umher tappt,
Den Springring bei dem Kopf erschnappt,
Und bis zur Achsel ganz umschlingt,
Sich selbst und ihn um's Leben bringt;
112
Denn beid' erstickten sie also
Und lagen zum Spektakel da,
Wie ein Wunderthier mit acht Füßen;
Die Frosch' und Maus' zusammenstießen.

    Vor den Mäusen auch Einer ging,
Der starke Pommer Bohrdenschink,
Wollt' den Fröschen mit seinen Keulen
Klopfen an ihre Augen Beulen.
Wie den erblickt der Münzenfraß,
Der gern am grünen Anger saß,
Da war es ihm kein Schimpf und Scherz,
Ganz und gar entfiel ihm's Herz,
Daß er den Schild und auch den Spieß
Vor großem Schrecken fallen ließ,
Und wagte in den See ein'n Sprung,
Verkroch sich schnell tief in den Grund.
Das mußten and're Sechs entgelten, —
Die muthig sich zur Wehre stellten,
Und wollten Bohrschinken empfangen
Mit ihren langen Binsenstangen —
Als Rurendreck, Plumpart und Quacker,
Abendschreier, Wascher, Nachtwacker.
Denselbigen warf er verwegen
Seine Keule in die Spieß' entgegen,
Worauf er sie noch trat und schlug,
Bis sie alle hatten genug.

    Fürst Wasserfreund, der trug auch Haß
Zum mach'gen Fürsten Schinkenfraß,
Und weil er lang' mit ihm gerungen,
Mit Schwert und Stang' auf ihn gedrungen,
Auch so manch' Kampfstück vorgenommen,
Daß sie beid' von den Pferden kommen,
113


Dennoch ihn konnt' verwunden nicht,
Dieweil der Harnisch war so dicht, —
Warf er ein'n Stein mit großer Macht
Ihm an den Hals hin, daß es kracht',
Daß Hirn und Blut vorn aus der Nasen
Hinflossen und färbten den Rasen.
Der Stein traf auch den Kornefraß,
Daß seines Eides er vergaß
Und hinket davon über Macht
Mit großen Schmerzen aus der Schlacht.

Das neunte Kapitel.

Fortsetzung.

    Es war auch ein sehr frommer Mann,
Ein Frosch, Herr Dreckhäuser mit Nam'n,
Pflegte den Fröschen die Tänze zu geigen
Und vorzusingen ihre Reigen;
Zu dem kam in Eil' gegangen
Der Tellerlecker mit der Stangen,
Womit er ihn zu Tode stach,
Daß die Nacht ihm die Augen brach;
So ließ er Geige, Sang und Tanz
Für immer fahren auf der Schanz.
Marx Bauchfraß drang auch stark, herein,
Ergriff Spurbarten bei dem Bein,
Faßt ihn auch hernach bei dem Schopf,
Stürzt ihn in'n See über Hals und Kopf.
Olunx schlug drauf den Zuckermund
Die Nase mit dem Stecken wund,
Daß die Blutstropfen herausdrangen
Und in dem Barte blieben hangen.
Zuckermund war's Gesicht zu kurz,
Daß er vom Pferde that ein'n Sturz,
114


Rief laut und zeiget da sein Buch,
Gewunden in ein Altartuch,
Daß er ein heil'ger Priester wär',
Man wollt' doch schonen seine Ehr'.
Olunx sprach: „Wärst du beim Altar,
So bliebest du ohn' all' Gefahr,
Lehrtest die Mäuse beten daheim;
Willst aber du ein Krieger sein,
Und uns mit Schlägen absolviren,
So muß ich dich auch degradiren,
Und auf solch' Absolution
Geben den gebührlichen Lohn."
Und schlug damit ein'n starken Streich,
Vermeinte ihn zu tödten gleich.
Doch Zuckermund besann sich frisch,
Entsprang dem Olunx wie ein Fisch,
Und lief feldein so ganz verzagt,
Als hätt' der Teufel ihn gejagt,
Daß er vor'm Altar fiel zu Boden,
Und hatte fast mehr keinen Odem,
Erholte sich, doch mit Beschwerd',
Und setzt' sich auf des Priesters Pferd;
Behielt das Buch und Tuch zur Beute,
Und drückt' sich damit auf die Seite.
Der Stückeldieb, der sah dieß an
Und ward den Fröschen heftig gram,
Und verdroß ihn über die Maßen;
Wollt' es nicht ungerochen lassen,
Daß sie so viel' seiner Gesellen
Sollten so nach einander fällen.
Er schmiß Dreckhäusern in's Gefräß,
Daß er hinfiel auf's Gesäß,
Faßt' auch die Stang' in großer Eil',
Gab erst Dreckhäusern seinen Theil,
115


Schoß dann Erdfrosch grimmiglich,
Daß Leib und Leben spaltet sich,
Und er da vor ihm niedersank,
Die Seel' zur Höll' sich hinabschwang.

    Der Mohrink hatte darauf Acht
Und warf ein' Hand voll Erd' mit Macht
Dem Stückeldieb in's Angesicht,
Daß er beinah' mehr sahe nicht.
Da ward er erstlich sehr entrüst't,
Faßt' einen Stein sehr groß und wüst,
Gleichwie er an dem Acker lag,
Der Bauern Malstein zu sein pflag (pflegte),
Damit warf er auf Mohrink ein,
Und zerbrach ihm das rechte Bein,
Daß er nicht mehr konnt' halten Stand,
Sondern zurückstürzt' in den Sand,
Und mit ihm seiner Nachbarn drei.
Da erhob sich ein groß Geschrei;
Ihrer viel entsprangen vor Schrecken,
Ihrer viel warfen Stein' und Stecken
Wie ein Hagel von allen Enden.
Er vertraut Harnisch und Händen
Und riß hindurch ohn' alle Scheu,
Wie durch die Hund' ein junger Leu;
Faßt' auch den Breit fuß bei ein'm Bein
Und schlug damit auf Andre ein,
Daß ihn'n die Därm' an'n Kbpfen hingen,
Als wenn durch Reife sie wollten springen.
Bis die Frosche von hinten liefen,
Bei seinem Schweißohr ihn ergriffen
Und Ruflaut mit der langen Stang'
Von vorn so männlich auf ihn drang,
Daß der Spieß bald ganz und gar
116


In dem Bauch verstecket war.
Und wie er mit der starken Faust
Den Spieß zog wiederum heraus,
Folgt' hintennach das Eingeweid',
Zerstreut sich auf der Erde breit,
Daß er davor nicht mehr konnt' gehen,
Sonder blieb unverzaget stehen,
Schlug zu Boden, wen er ertappt,
Bis daß er auch den Geist aufgab.

    Was hilft die Stärke und Weisheit?
Der Tod sieget zu aller Zeit.

Das zehnte Kapitel.

Wie die zwei Könige mit einander zu streiten kommen.

    Dieweil so währet dieser Strauß (Streit)
Und des Königs Volk auch zieht aus,
Kommt Friedlieb, der männliche Held,
Aus dem Haufen in's freie Feld
Mit tausend seiner besten Mannen,
Hält an mit Bitten und Vermahnen,
Die Schützen wollten zusammenhalten,
Bis alle Frosche das Blut bezahlten,
Das sie zuvor vergossen hatten,
Und was sie an dem König thaten.
So sagt' er auch zu seinen Leuten,
Daß sie wollten männlich streiten;
Dieweil die Frösche wären verzagt,
So würden sie gar bald verjagt.
Wie er also das Voll anred't,
Und die Frösche zur Seit' umgeht,
Daß ihrer keiner konnt' entlaufen,
Erblickt der König in dem Haufen
117


Bausback, der seinen Sohn ertränkt
Und damit diesen Krieg verhängt;
Und rief zu dem Gardenhauptmann :
„Brich hin zu Bausbacken die Bahn,
Daß mit meiner Faust werd' gerochen,
Was er an meinem Sohn verbrochen!"

    Als dieß vernommen Jedermann,
Ward vor dem König die Hauptfahn'
Nach König Bausbacken gewandt,
In das Froschheer zur rechten Hand.
Und ob der König wohl bedachte,
Wie er sich heimlich davon machte,
Was ihm seine Helden riethen,
Daß er entwich' des Königs Wüthen:
So fand er dazu keinen Weg;
Friedlieb verlegt' ihm Weg und Steg;
Außer daß etliche zaghafte Mann
Mit Noth flohen den Berg hinan, —
Davon Mordachs entwich zuvor.
Und sein Leben im Thal verlor, —
Denen jedoch der Riese nachstieg,
Und herunterstürzt', wen er kriegt',
Oder mit seiner Keul' zerschmiß,
Wer sich am Wege finden ließ.
Viele auch, wenn sie die Hörner sahen
So schrecklich oben heraus ragen,
Meinten, daß es der Teufel wär',
Liefen zur Seit' und in die Quer,
Wie ein Hauf' Staare umher zeucht,
Wenn der Habicht darunter fleugt.
Indem er die Frösche so erschreckt,
Und sucht, wo jeder sich versteckt,
Find't er im Busch ganz zufällig
118


Neun Bienkörbe von Stroh zugericht't,
Die der Bauersmann auf ein'm Bret
Am Hang zur Sonn' gestellet hätt'.
Dahin führt er seine Knaben,
Die müssen das Bret untergraben,
Und es über die Seit' aufheben,
Daß die Körb' anfangen zu beben (wanken),
Und endlich sich all' auf einmal
Zu den Fröschen wälzen in's Thal,
Als säh' man Gerstengarben ringen,
Oder Glocken zum Thurm 'rausspringen,
Daß all' ihr Vorrath herausschoß
Und Wachs und Honig umherfloß.
Dadurch die Bienkönig' entbrannten,
Und ihre Unterthan'n vermahnten,
Daß sie's nicht ließen ungerochen.
Sie flogen, brummten, bissen, stachen
Unsinnig auf der Frösche Heer,
Als wenn die Luft voll Teufel wär',
Daß die Frösche quakten und pfiffen,
Erschrocken durch einander liefen,
Wie die Schweine zu thun pflegen
Im Blitz, Donner, Hagel und Regen.
Insonderheit sie ihren Rossen
Rissen gar erschreckliche Possen,
Stachen ihn'n Maul und Nas' voll Beulen,
Ließen sie rennen, springen, heulen,
Treten, schlagen, zappeln und zagen,
Bis sie todt darnieder lagen,
Ihre Reiter selber erdrückten,
Oder aus Furcht in die Körbe rückten.
Da wurden sie erst recht empfangen,
Als wie im Storchnest die Hausschlangen;
Bei tausend nahmen so ihr End',
119


Oder wurden gelähmt, geblend't.
Viel Mäus' auch geriethen mit in's Gelag,
Und wußten nicht, wie ihnen geschach,
Und wie die Bienen dazu kämen,
Daß sie sich ihres Kriegs annähmen;
Und weil die Bienen so vermessen
Ihr' Spieß' dem Feind im Leib vergessen,
Blieben die all' todt zur Statt',
Flogen nicht zurück auf's Bret.

Das elfte Kapitel.

Der Könige Zweikampf

    Mttlerweil' immer näher kamen
Beider Könige Helden zusammen,
Daß überall es gab weidlich' Kappen
Und Mancher kriegt ein' gute Schlappen,
Daß hinpurzelte Mann und Roß,
Wie sehr ihn auch der Spaß verdroß.
Bis die Mäuse hatten Ueberhand
Mit der Sonn' und des Wind's Beistand,
Und die Frosch' vor Pfeil', Bienen, Stein'
Nicht länger konnten beständig sein,
Sondern mit Gewalt zur Seite drangen,
Ueber ihre Leute selber sprangen,
Und die Könige mit wenig Mannen
Zusammen stutzten bei den Hauptfahnen.

    Als nun der Mauskönig da fand
Den Froschkönig zur nächsten Hand,
All' sein Geblüt in das Haupt trat,
Das er zuvor in'n Füßen hatt',
Vor bitteim Zorn und großem Grimm,
Und rief ihn an mit heller Stimm' :
120


„Halt! du blutdürstiger Tyrann,
Hast du nicht Böses g'nug gethan,
Daß du mein'n allerliebsten Sohn,
Den einz'gen Erben meiner Kron',
Ersäuft verrätherischer Weis' ?
Willst du noch haben auch den Preis,
Daß du das ganze Mäus'geschlecht
Ermordet habest wider Recht ?
Das wird Gott nicht lassen geschehen,
Und soll's dir an dein Leben gehen;
froschmaus26

Drum wehr' dich meiner, es ist Zeit!
Hast mir genug gethan zu leid!"

    Er antwortet: „Ich bin ein Mann,
Der zu Ehren antworten kann,
Und hätt' deinem Sohn kein Leid gethan,
Hätt' er die Hand nicht lassen gahn,
Und sich selber gebracht in Noth,
Für das Leben gewählt den Tod.
121


Daß du darum in zorn'gem Muth
Vergießest so viel unschuldig Blut,
Und mir auch darfest den Tod dräuen,
Hoff' ich, soll dich gar bald gereuen;
Gott wird meiner Unschuld gedenken,
Und dir verdienten Lohn einschenken!"

    Darauf sie ihre Ross' ermannten,
Und gemeiniglich zusammenrannten.
Bausback hoffte mit seiner Stangen
Den Mausekönig zu erlangen,
Bevor der ihn mit seiner rührte,
Er überwog aber die Bürde,
Daß er zu tief sie sinken ließ,
Parteckfressern in'n linken Fuß stieß,
Daraus sie bald siel in den Sand.
Parteckfresser noch mehr entbrannt',
Und rannt' auf Bausbacken gar wilde,
Er versetzt' aber mit dem Schilde,
Davon in einem Hui die Stang'
Bausbacken in die Achsel sprang,
Die Parteckfresser hängen ließ,
Und ergriff den Säbel gewiß,
Wollt' ihn setzen den in'n Nack'.
Sein Sohn Frommkind gar sehr erschrak,
Sprang in Eil' zwischen beide hinein,
Und sprach: „Das soll nimmermehr sein!"
Hielt Parteckfressern Arm und Wehr.
Der aber sprach: „Wo kommst du her?"
Bausback rief laut: „Ach schon', ach schon' !
Er ist mein eingeborner Sohn!
Ich will für ihn thun, was ich soll."
Mauskönig sagt: „Ich thät' es wohl;
Doch seh' ich, daß er noch will prahlen
122


Mit meines tobten Sohn's Korallen,
Die er da führt an seiner Brust.
Das soll ihm sein ein' kurze Lust!"

    Damit wandt' er sich über Ort,
Und gab ihm einen Streich sofort,
Daß der Kopf auf der Achsel hing
Und er todt zur Erde ging;
Das Blut auch stürzte so empor,
Als wenn am Born zerreißt ein Rohr,
Und das Wasser herausdringt,
Oder stark aus dem Felsen springt.
Das macht Bausbacken so ein'n Schrecken,
Daß sein Arm starrte wie ein Stecken,
Daß er seine Füß' nicht fühlt',
So bald wurden sie ihm erkühlt,
Und Blut und Wärm' drang zu dem Herzen,
Zu erleichtern die bittern Schmerzen.
Und da der König nach ihm strich,
Und das Pferd traf, da er entwich,
Daß sich das Pferd davon entrüst't,
Sprang, rief und schlug um sich gar wüst,
Stürzt Bausback auch plötzlich vom Pferd,
Die schwere Stang' zog ihn zur Erd'.
Die Frösche riefen: „Weh und Ach!"
Die Mäuse schrie'n: „Gewonnene Sach' !"
Er wär' auch so geblieben todt,
Wenn Grünrock nicht in solcher Noth
Sein's Königs sich hätt' angenommen,
Und zeitig wär' zu Hilfe kommen.
Der stand auf wider Parteckfresser :
„Unfern König halten wir besser",
Sprach er, „daß du ihn sollst ermorden!"
Und rannt' auf ihn mit diesen Worten.
123


Der Schild aber war gut und hart,
Daß er nicht durchgebrochen ward,
Sondern daß Grünrocks scharfer Spieß
Die Spitz' im Rande hängen ließ,
Und zum Kampf nicht mehr tauglich war,
Was Grünrock brachte Tod'sgefahr.
Doch mittlerweile traten heran
Des Bausbacken getreue Mann,
Zogen die Spießstang' aus der Wund',
Rieben mit frischer Erd' den Mund,
Besprachen das Blut mit vier Namen:
„Jesod, Saddam, Kearez, Amen!"
froschmaus27

Setzten ihn auf ein ander Pferd
Und brachten ihn mit viel Beschwerd'
Einen verborgenen Weg zum See.

    Das that dem Mäusekönig weh,
Daß ihm sein Feind so war entgangen;
Und ob er gleich verlor die Stangen,
So braucht' er doch den Säbel werth,
Schlug er den Grünrock von dem Pferd,
Und, da er sich an ihm wollt' rächen,
Des Königs Roß auch wollt' erstechen,
124


Gerieth ihm der Hieb an die Brust,
Daß der Magen mit allem Wust
Aus dem Leibe herausquoll
Und auf der Erd' zerstreut ward all'.
Und als Grünrock des Königs Fuß
Im Fall ergriff voll Verdruß,
Hieb der König ihm gar behende
In einem Streich ab beide Hände.
So mußt' der muth'ge Held sein Leben
Für seines Königs Wohlfahrt geben;
So kam sein edler Leib und Blut
Der ganzen Froschnation zu gut.
Damit die Lebend'gen werben,
Müssen viel Lebend'ge sterben.

    Desgleichen die Trabanten all'
Kamen daselbst auch zu Fall,
Und viel tausend mannhafter Helden,
Deren Namen zu lang zu melden.
So ging es denn, wer erst gewann,
Der ward zuletzt ein armer Mann.
Die Mäuse behielten die Ueberhand,
Das Froschblut floß über's ganze Land;
Die Mäuse aber auch mit unterlagen.
Da hört' man ein jämmerlich Klagen;
Dem fehlt' ein Aug', Dem Hand und Bein,
Der lag gefangen in Därmen drein;
Viel waren in der Mitt' entzwei,
Und das Elend war mancherlei,
Und war weder End' noch Maß.
Man schlug die Frosch' je mehr, je baß (besser),
Dieweil ihr König war entritten
Und sie verzagt ohn' Ordnung stritten.
125

Das zwölfte Kapitel.

Wie die übrigen Frösche erledigt werden.

    Es war aber ein kühner Held
Vor allen Mäusen auserwählt,
Des frommen Brodfeinds lieber Sohn,
Wie der Simson muthig und schön, —
Der mannhafte Ritter Brockenfraß,
Der allen Mäusen sehr lieb was (war),
Darum, daß unter allen Knaben,
Die von Mäusen ihr'n Adel haben,
Keiner so lang und so vermogen
Allen Kriegern war nachgezogen,
Und in gar mancher großen Schlacht
Bewiesen hatte Muth und Macht.
Der trat allein hin an das Meer
Und hob sein Haupt gar hoch empor,
Schwur hoch und theuer einen Eid,
Er wollt' den Fröschen thun groß Leid.
Als aber nun der König nicht wollte,
Daß man den Fröschen nachjagen sollte,
Und seine übrige Mäuseschaar

Unnöthig setzen noch mehr in Gefahr,
Weil besser war', ein'n Freund erhalten,
Als tausend Feinde in Stücke spalten;
Und des Königs Sohn die Gewalt
Mit seinem Blute hatt' bezahlt;
Der Vater auch so viel bekommen,
Daß blut'gen Abschied er genommen;
Sondern nur Diese erlegen,
Die zur Wehr sich stellten verwegen,
Die Andern aber laufen lassen: —
Rief er dem König Übermaßen,
Er wollt' in gar gewonnenen Sachen
126


Sein' Ehr' und Preis vollkommen machen,
Die Frosch' bis auf den Grund ausrotten,
So dürfen sie des Sohn's nicht spotten;
Er wollt' sein Leben dabei lassen,
Und sein Blut ausspreng'n auf die Gassen,
Oder ihnen den Paß verlegen,
Und Alles, was sich würde regen,
Für sich ganz allein erschlagen,
Wenn Niemand wollt' nach Ehren fragen;
Der Ries' sollt' sie bergunter stürzen,
Er wollt' sie dann im Thal erwürgen,
Daß ihnen das Herz im Leibe bebet,
Und das Gehirn am Pflaster klebet!

    Und er hätt's vollbracht fürwahr,
Weil er so stark und mächtig war,
Und andre Mäus' nicht hören wollten,
Daß sie den Weg verrennen sollten,
Sondern von neuem darauf schmissen,
Ihr' Spieße nach den Fröschen stießen: —
Wenn Gott nicht selbst sein' mächt'ge Hand
Gegen die Mäuse hätt' gewandt,
Und sich der Frosch' erbarmen lassen,
Die bedrängt wurden ohne Maßen.
    Denn Gott sprach zu seinem Hofgesind',
Zu den Engeln, die bei ihm sind:
„Lieben Kinder, ich muß euch sagen,
Was sich für Wundersachen zutragen
Auf dem Erdboden in der Welt,
Was Satan für ein Spiel anstellt.
Die Mäus sind gegen die Frösch' aufbracht,
Daß sie mit großer Kriegesmacht
Zusammenlaufen, hüpfen, reiten,
Mit Schwertern und mit Bogen streiten, —
127


Wie sonst der Mensch sein Leben wagt,
Wenn ihn sein' Sünd' und Thorheit plagt; —
Und ist der Lärm so weit gebracht,
Daß nun obsiegt der Mäuse Macht
Und die Frösche vertilgen wird,
Was sich keineswegs gebührt.
Denn ob ich wohl, da ich's gesehen,
Dies, zu Anfang so ließ geschehen,
Damit ihr Vorwitz beiderseit
Bestrafet würd' zu rechter Zeit,
Und ihrer nicht würden zu viel
Den Menschen beschwer'n ohne Ziel,
Daß auch der Mensch ein Beispiel hätte,
Wenn er nicht zeitig Buße thäte: —
So bin ich doch mein'm Geschöpf nicht gram,
Ich nehm' mich ihrer aller an,
Ich laß mich ihrer all' erbarmen,
Der Großen, Kleinen, Reichen, Armen.
Und wenn all' Teufel aus der Höllen
Ein'n Sperling vom Dach wollten fällen,
Soll ihnen der Anschlag nicht gelingen,
Sie sollen's nicht zu Wege bringen,
Wenn ich dazu nicht Vollwort gebe,
Sondern will, daß er länger lebe:
Denn ich bin Gott und Keiner mehr,
Alles ich schaffe, schütz' und nähr' !
Darum will ich's nicht länger leiden,
Daß die Mäus' ihre Augen weiden
An so vieler Frösche Tod;
Ich will erretten sie aus Noth.
So sagt, wen brauch' ich zu den Sachen,
Wer kann schleunig den Frieden machen?"
    Die Engel sah'n einander an,
Und sprachen all' für einen Mann:
128


    „Herr Gott, wir sind zu aller Zeit
Zu dienen willig dir bereit,
Send' und besiehl, wie dir's gefällt,
Wen du willst, so ist Alles bestellt.
Du lässest deine Sündfluth laufen,
Alle Kreatur'n auf Erd'n ersaufen;
Du wirfst deinen Donner und Blitz,
Verbrennst der Sodomiter Sitz;
Du läss'st Moses den Stab ausrecken,
Schickst Frosche, Wanzen und Heuschrecken;
Moses betet, so sind sie frei;
Dem Volk Israel stehst du bei;
Du sendest durch die Luft ein Sterben,
Läss'st Davids Unterthan'n verderben;
Du erschütterst die Welt im Grimm,
Daß Jericho's Mauern fallen um:
Darum erklär' uns deinen Willen,
Wir wollen ihn Angesichts erfüllen!"

    „Wohlan!" sprach Gott, „mein Raphael,
Erschreck' die Mäuse auf der Stell',
Schaff' den Fröschen Hilf' aus dem See!"
Er antwort't: „Herr,, dein Will' gescheh' !"
Und fiel, in einem Augenblick
Den bösen Mäusen auf den Rück',
Als ein ganz erschrecklicher Wind,
Daß sie verstoben so geschwind,
Wie Feuer in Büchsenpulver fällt,
Plötzlich zündet und zerschnellt.
Darnach stand er im See derweil',
Bis Gott abschoß seinen Donnerpfeil.
Der ließ ein' schwarze Wolk' aufstehen,
Und den Wind von Mittag gehen.
Bald donnert er da, daß es kracht,
129


Beweget auch den Himmel mit Macht;
Darnach warf er den Donnerstein,
Wickelt' ihn mit Blitzen ein,
Der flog grausam aus seiner Hand
Hinab zur Wahlstatt auf das Land,
Daß Frosch' und Mäus' entsetzten sich,
Stürzten hinterrücks jämmerlich,
Blieben tobt von dem Schwefelstank,
Der durch Gehirn und Herze drang,
Den Odem nahm und sie erstickte,
Daß Feuer aus dem Halse blickte.

    Erschrecklich ist Gottes Gericht;
Dennoch half das noch alles nicht:
Die Mäuse wollten immer nachjagen,
Bis die Frosch' all' wären erschlagen.
Doch was hilft Will', was hilft Arbeit,
Wenn Gott zuwider ist der Streit!

Das dreizehnte Kapitel.

Der Krebse Aufzug gegen die Mäuse.

    Es kamen aus dem See daher
Aufgezogen langsam und schwer,
Daß sich Frosch und Maus verwundert,
Noch andre Kämpfer viele Hundert -
Tausend geharnischter Äriegsleute,
Die hatten ganz beinerne Häute,
Zusammengesetzt von Schalen hart,
Nach Muscheln- und Schildkröten-Art,
Wie ein Rhinozeros gestalt't,
Wie man den hörnern'n Siegfried malt;
Sehr starke Rücken wie ein Ambos,
Verwahret gegen Stich und Stoß;
130


Hals und Achseln steif und breit
Von rothen Pünktlein glänzend weit;
Eine Haut mit scharfen Spitzen,
Die Augen auf der Brust vorn sitzen
Und auf Stäblein erhaben stehen,
Daß sie konnten weit um sich sehen;
Zu jeder Seit' ein scharfer Zahn,
Wie sonst die Elephanten han (haben),
Und noch drei andre tief im Magen;
Ein' wohlverwahrte Brust und Kragen;
Krumme Hände, acht Füße am Bauche her.
Gingen all' ungleich überquer,
Hinten mit Bogen, vorn mit Scheeren,
Womit sie gegen den Feind sich wehren.
Und wenn auch gleich zur bösen Stund'
Ihr Harnisch irgend wird verwund't,
Daß er untauglich ist zur Wehr',
Legen sie ihn ab ohn' Beschwer',
Wie eine Schlang' die Haut auszeucht,
Und im Sommer ihr Kleid erneut,
Wie der Vogel seine Federn mauset,
Wie Hirsch und Reh die Hörner krauset,
Wenn die alten sind abgefallen
Und die neuen sich hervorballen.
Ja, daß ich größre Wunder sag',
Als ich gehort hab' all mein Tag:
Wenn ihnen beide Arm' und Bein'
Vom Leibe abgehauen sein,
Wachsen sie wieder jederzeit.
Kein Thier hat diese Herrlichkeit.
Wenn sie auch wo im Finstern gehen,
Weder Sonnen- noch Mondlicht sehen,
Haben sie lange runde Stecken,
Wie die Würmer und die Schnecken,
131


Sind vorne an der Stirn gesessen,
Womit sie ihren Weg abmessen,
Und gewiß merken, was sie wollen,
Das ihre Händ' ergreifen sollen ;
Reden aber nichts sonderlich,
Und greifen unerschrocken um sich,
Daß sie fürcht't aller Menschen Hand; ----
Werden die Krebsherren genannt.
froschmaus28

    Ihr Feldoberster war Astachs,
Schön roth wie fürstlich Siegelwachs,
Sein Leutenant Knipperdolling
Hat ein'n blauen Helm wie ein Fink,
Der Fähnrich aber hieß Rothscheer;
Wer kann nennen das ganze Heer!
Das Fähnlein ragt' weit oben aus,
Darin stand ein' geschund'ne Maus,
Zwei Krebs' zu jeder Seite saßen,
Die sie gleich ungebraten fraßen.
Unten war der Reim zuletzt
Mit großen Buchstaben gesetzt:
In's Andern Ohr das Schneiden thut,
Als gält's einem alten Filzhut.
132


    Insonderheit zog vorne an
Ihr Trommelschläger, ein Wundermann,
Schrecklicher an Geberd' und Gang
Als Kröte, Eidechs, Drach' und Schlang',
War ohne Krebsschwanz wie eine Tasche,
Wie eine Spinne und Pulverflasche,
Schwarzbraun getüpfelt mannichfalt.
Ihrer mehr war'n so gestalt't,
Nannten sich die Granconier,
Prangten stattlich mit ihrer Wehr;
Waren mit Astachs vom Meer' gekommen,
Ihre Reis' in's Süßwasser genommen,
Sich zu den Seekrebsen geschlagen,
Krachten einher wie die Kesselwagen,
Wie der Reissgen Vorrath rasselt,
Wie Donner und Hagel herprasselt;
Brachten den Mäusen ein'n Mummenschanz,
Kniffen ihn'n ab Händ', Füß' und Schwanz,
Faßten sie bei der Kehl' und Brust,
Daß ihnen ausdrang Luft und Wust,
Die Seel' auch folget mit Gefahr,
Weil vorn die Thür' versperret war.
Obgleich die Mäuse unverzagt
Gedachten, es muß sein gewagt,
Daß ihr nicht entlaufet mit Schande,
Oder alle todt liegt im Sande,
Stachen und schlugen mit den Wehren,
Als wenn sie toll und rasend wären:
Die Spieße alle beugten sich,
Konnten die Krebse verwunden nicht;
Obgleich noch Etliche widerstunden
Den Krebsen, so gut sie kunnten,
Ihnen frisch in die Augen dreschten,
Ihrer vielen das Gesicht auslöschten,
133


Daß ihnen die spitzigen Nasen
Niederhingen wie alte Fasen;
Gedachten, sollten sie nichts werben,
Wollten sie doch mit Ehren sterben; —
Wie oft der ganz verzagte Mann
Dem Feinde großen Schaden gethan.
Der hat gefährlich zu arbeiten,
Der mit Verzweifelten soll streiten.

Das vierzehnte Kapitel.

Von der Käfer Einfall auf die flüchtigen Mäuse

    Es hatten aber am Eichenbaum
Eingenommen ein'n großen Raum
Ein Feuerwurm, viel Mai- und Roßkäfer,
In Sachsen genannt Scharnewever,
Aus Furcht, weil so viel Mäuse kämen,
Sie würden sie gefangen nehmen,
Weil sie gern in die Löcher kreuchen,
Die den Mäusen gehör'n zu eigen,
Und darin nichts brachten, nichts machten,
Ohn' daß sie die Hausleut' veracht'ten,
Alles beschmuzten und bemurrten,
Und dann mit Undank davon schnurrten,
Wenn der Winter war verflossen
Und die Bäume und Blumen schossen.
Derhalben, als ihn'n ward bekannt,
Daß der Sieg bei den Mäusen stand,
Erschraken sie so ganz und gar,
Daß ihnen's Fliegen vergangen war,
Und suchten in der Rinden Spalten,
Wo sie sich heimlich konnten halten.
Nun aber sich das Spiel gewandt,
Und die Mäus' wurden übermannt,
134


Von den Krebsen geschreckt, geschlagen,
Hörten sie wieder auf zu zagen,
Und wollten auch haben den Preis,
Daß sie mit ihrer Stark' und Fleiß,
Mit ihrem Muth und klugen Sinnen
Der Mäus' Heer helfen überwinnen.

    Der große schwarze Hausbörner
Schwang die Flügel, steift' die Hörner,
Und sprach: „Mein allerliebster Vetter!
Hört ihr das Rufen und Geknätter,
Womit die Mäus' auf die Flucht gehen,
Weil sie uns hier versammelt sehen,
Weil sie sehn meine Hörner scheinen
Und ohne Zweifel nicht anders meinen,
Als daß ihr all' seid meiner Art;
Darum Keiner auf uns wart't.
Daß auch die Krebs, die lahmen Tropfen,
Die nicht hab'n ein'n ehrlich'n Blutstropfen
In ihrem Leib', in Lung' und Leber,
Die wackelnd gehn wie die Leinweber, —
Dennoch sich dürfen unterstehen,
Den flücht'gen Mäusen nachzugehen,
Und zu pochen mit ihrem Krachen:
Dessen mag man billig lachen.
Wenn ihr nun wär't wie ich verwegen,
Wir wollten Preis und Ehr' einlegen,
Dem Wind geben die Flügeldecken,
Die Füß' und Hörner von uns strecken,
Mit Brumm und Summ die Mäus' erschrecken,
Auf die flücht'gen Schelmen sitzen,
In sie drücken der Hörner Spitzen,
An ihnen wetzen die scharfen Zähn';
Es soll ihnen Hören und Sehen vergehn.
135


Sie sollen sich gefangen geben,
Oder nicht heimbringen ihr Leben,
Darum, daß sie die Zähn' uns weisen,
Oder auch wohl freventlich beißen,
Wenn wir in ihre Löcher kommen,
Im Winter ein wenig darin brommen.
Zeit ist's, daß ihr euch nun ermannt;
Der Sieg steht ganz in uns'rer Hand.
Ich bin der Meister und der Mann,
Der euch tapfer führen kann;
Mein' Hörner sollen die Bahn brechen,
Daß Jeder mag: gewonnen! sprechen."

    Die Käfer sprachen: „Wir wollen's wagen,
Die Mäuse jagen, stoßen, schlagen,
Bis sie allesammt werden erstochen;
So haben wir uns tapfer gerochen!"

    Und damit schoß der Feuerwurm
Auf den Erdmann mit einem Sturm,
Macht mit den Flügeln ein groß Gebrumm,
Tummelt sich mit ihm um und um,
Als wenn ein unerfahr'nes Kind
Mit seiner Mühl' läuft wider'n Wind
Und sich gar keck und männlich stellt,
Bis daß es auf die Nase fällt.

    Die Krebse es sehr Wunder nahm,
Was für ein neu Kriegsvolk ankam,
Wußten nicht, ob sie waren Freunde,
Oder beistehn wollten dem Feinde.
Als sie aber ihnen zusachen (sahen),
Daß sie fest auf den Mäusen lagen,
An sie setzten Zähn' und Zungen,
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Und die vielfält'gen Flügel schwungen,
Stießen und bissen wie die Emsen,
Die Raupen, Maden und die Bremsen,
Und damit doch nichts andres schaffen,
Als daß sie ritten wie die Affen: —
Spricht der Astachs den Feuerwurm an:
„Woher kömmst du, mein Wundermann?
Wer hat dich zu dem Kampf gebeten?
Wer heißt den Wurm die Mäuse treten?"

    Der Feuerwurm brummt und macht sich kraus,
Und sprach: „Es ist die schelm'sche Maus
Schon lange Zeit mein Feind gewesen;
Drum soll'n die Mäuse nicht genesen.
Ich will sie all' allein erschlagen,
Ihr dürft ihnen nicht nachjagen;
Ihr werdet sie doch nicht besiegen,
Weil ihr nicht stoßen könnt, noch fliegen,
Wie ich und meine Rottgesellen,
Wenn wir unsre Macht brauchen wöllen (wollen).
Und weicht ihr nicht, müßt ihr erwarten,
Daß wir euch wie den Mäusen karten!"

    Der Astachs so heftig ergrimmt,
Daß er sein'n Harnischhandschuh nimmt,
Ergreift den Feuerwurm mit der Maus,
Drückt ihm Gehirn und Herz heraus,
So daß der Wust herausdrang,
Dem Astachs in's Gesichte sprang.
Der Astachs seine Augen putzt,
Die von dem Käfer war'n beschmuzt,
Und sprach: „Wohl ist das Sprichwort wahr,
Das ich an mir richtig erfahr':
Wer sich mit Unflath schlägt und dreckt,
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Gewinn' oder verlier', — er wird befleckt.
Schau da, ob du gleich Hörner hast,
So hält mein Handschuh auch noch fast (fest),
Und kann dein'n Trotz und Muthwillen,
Wenn du Lust dazu hast, wohl stillen,
Dich lehren, daß stolzer Muth und Zorn
Ohn' Macht und Nachdruck ist verlor'n!"
So ging es auch der Käfer Heere,
Vekam nur Spott und Schaden für Ehre.

    Dieweil nun aber die Krebsherren
Aus dem See sich immer vermehren,
Und grausam die Mäuse morden,
Die nun stritten ohn' Rath und Orden,
Und die Krähen mit Geschrei,
Geier und Weihen mancherlei
Häufig in der Luft her flogen,
Und wie Wolken auf sie zogen: —
Kam allen Mäusen ein Schrecken an,
Und konnten länger nicht bestahn;
Sondern warfen die Wehr aus der Hand,
Nahmen die Flucht in ihre Land',
Und eine jede in ihr Loch
Mit Zittern und mit Zagen kroch.
Die Schwäne fingen auch die Schiff',
Daß ihnen keine Maus entlief,
Sondern von ihnen gefressen ward;
Die aber schon waren an der Ausfahrt,
Die ließen ihre Schifflein stahn
Und liefen alle zum Feld hinan.

    Allein Friedlieb zeitig dacht' :
„Nun streit' ich nicht wider Gottes Macht!"
Versammelt eilig seine Leute,
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Und führt mit sich die Frösch' als Beute,
Die auch des Friedlieben Rathmann
Für sich als sein'n Antheil bekam
Und in der Brandenburger Marken
All' ihr Elend ließ bequarken,
Kamen im Berau'schen Wald zu rechte,
Wurden Enzdorfer Müllerknechte,
Wo sie noch in einem See
Quaken und schreien Ach und Weh,
Auch mit Schlangen, Störchen und Hechten
Täglich haben genug zu fechten.
froschmaus29

    Die aber waren todt und wund
Und man in Eil' nicht tragen kunnt',
Die blieben auf der Wahlstatt all',
Der Frösch' und Mäus ein' große Zahl.
Doch wurden viel begraben auch
Durch den Hals in ein'n warmen Bauch :
Denn Heinz und Reineck', Jung und Alt,
Kamen am Abend aus dem Wald
Mit ihren Freunden und Gesinde,
Wieseln, Mardern und Weib und Kinde,
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Auch das Schwein, Dachs, Igel und Iltisch,
Im See der Hecht und andre Fisch', —
Hielten ein köstlich Herrenmahl,
Und fraßen die Erschlag'nen all';
Was aber übrig blieb in Eil',
War Geiern, Weihen und Raben zu Theil.

    So ward des Tags der Krieg vollbracht;
Die Sonn' ging unter und ward Nacht.
    So fahl, so schal, so kahl geht's aus,
Wenn sich der Frosch rauft mit der Maus.
Aller Welt Macht, Trotz und Streit
Ist lauter Tand und Eitelkeit;
Der Krieg bringt Armuth und Herzeleid.

Gott helf' und tröst' in Ewigkeit!

Ende
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140
Druck von Julius Betz in Langensalza
Der Froschmäuseler Buch von Friedlich Seidel.

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