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Der Froschmäuseler
Zweiter Theil.
Wie der Mäusekönig mit Krieg seines Sohnes
Tod rächt und wie die Frösche sich wehren.
Das erste Kapitel.
Wie Bröseldiebs Tod offenbaret und der Krieg
berathschlaget wird.
nterdeß nun die Frosch' gemein
Allesammt jetzt wollten auf sein,
Hat seines Herrn Zustand vernommen
Und war spät aus dem Wald gekommen
Der Jägermeister Tellerlecker,
Und sein Gesell der Butterwecker,
Brachten auch mit sich ihre Mann,
Die schauten das Elend mit an,
Wie ihr Herr nahm seinen Abscheid,
Und war ihnen von Herzen leid,
Daß sie ihn nicht konnten retten
Mit Schwimmen oder Wassertreten.
Sie liefen zwar um an dem Rand,
Besahen 's Wasser und das Land,
Versuchten's mit Schwimmen und Waten;
Es wollt' ihnen kein Anschlag gerathen:
Das Wasser drang ihn'n durch den Mund,
Daß sie wie Steine sanken zu Grund.
Darum fingen sie an zu zagen,
Zu heulen und die Hände zu schlagen,
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Riefen ihm, daß er seine Seel'
Gottes gnädiger Hand befehl'.
Noch mehr fluchten sie allen Fröschen,
Wollten sie beißen, kratzen, dreschen,
Daß sie ihren König ermord't;
Das war ihr Klag-, Fluch- und Drohwort.
So kam heim das Jammergeschrei,
Daß Bröseldieb ertrunken sei.
Sie führten auch einen Frosch gefangen,
Der bericht't, wie es wär' zugangen;
Denn wie derselbe aus großem Schrecken
Sich vor der Schlange auch wollt' verstecken,
Und aus dem Wasser kroch in's Gras,
Verlegten sie ihm bald den Paß. -----
Der König aber und sein Gemahl,
Die Hofdiener und Bürger all'
Erschraken erst von Herzensgrund,
Daß Niemand sie bedeuten kunnt',
Als ob der Feind ihre Schlösser und Städte
Erstiegen und gewonnen hätte.
Die Königin insonderheit
Konnt' klagen nicht genug ihr Leid,
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Daß ihr einziger Erb' im Reich,
Welcher schön und dem Niemand gleich,
Der klug, mannhaft und wohlerfahren,
Und der in den blühenden Jahren
Elend im Wasser war' gestorben,
Da die Seel' mit dem Leib verdorben;
Und wär' noch das hoch zu beklagen,
Daß man ihn nicht zu Grab' könnt' tragen,
Sondern er mitten im See vergessen,
Von Frosch' und Schlangen würd' gefressen.
Der Vater aber macht nicht viel' Wort',
Sondern sandte allsogleich Boten fort
Hin durch sein ganzes Königreich,
Daß alle wehrhaften Mäuse zugleich
Ankommen sollten und sich besprechen,
Wie man die Uebelthat möcht' rächen. -—
Drauf fingen die Mäuse an zu wandern
Aus Welschland, Spanien, Frankreich, Flandern,
Der Schweiz und dem ganzen Deutschland;
Jeder sich beim König einfand,
Daß bei Tag und bei Nacht zusammen
Unzählig viele Mausmänner kamen,
Und die Mannthiere groß Wunder nahm,
Woher der große Mauszug kam?
Vermeinten, es würd' ihren Leuten
Feuer, Wasser oder Erdbeben deuten,
Davor die Mäuse wollten entlaufen,
Nicht mit brennen, sinken oder ersaufen. —
Der König und die Fürsten wollten,
Daß sie zwei Tage ruhen sollten,
Essen, trinken und fröhlich sein;
Darnach würd' man halten Gemein,
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Ihnen am dritten Tag erklären,
Wozu sie herberufen wären.
Das Gerücht war zu den Fröschen kommen,
Sobald die Zeitung es vernommen,
Berichtet, was die Mäus' vornähmen,
Wie häufig sie zusammenkämen.
Darum denn auch Bausback mit Rath
Die Frosch' zu sich berufen hat
Aus allen Seeen, Teichen, Pfützen,
Zu erwarten der Mäuse Trutzen,
Ob vielleicht auch hielt derzeit
Ein Schwert das andre in der Scheid'.
Das zweite Kapitel.
Der Mäusekönig berichtet, warum er die Mäuse
zu sich berufen habe.
Als nun anbrach benannter Tag
Und die Sonne noch am Morgen lag,
Sah man ankommen manchen Mann
Und vor des Königs Richtstuhl stahn,
Dazu die Fürsten näher traten,
Darnach sie Land und Leute hatten,
Bis der König selbst hervorging
Und also an zu reden fing:
„Dieweil ihr Herrn und lieben Leut'
Wisset, warum ihr kommen seid,
Bedarf es der Umschweif' nicht viel.
Mein's Unfalls ist weder Maß noch Ziel,
Nun mir meine allerliebste Kind,
Alle Söhne umkommen sind.
Den erstgebornen jungen Mann
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Der Wiesel aus der Wiege nahm;
Den andern, daß es Gott erbarm' !
Riß Murner mir selbst von dem Arm;
Den dritten tödtet der Unfall
In der verfluchten Mäusefall';
Den vierten, der noch übrig war,
Und erst erreicht' der Jugend Jahr',
Den alleinigen Erben im Reich,
Der mir ganz ähnlich war und gleich,
Den ich und seine Mutter, das arme Weib,
Mehr liebten, denn das Herz im Leib' :
Den hat der Froschkönig Bausback
In See geführt auf seinem Nack',
Verrätherisch ersäuft, ermord't;
Wer hat je solch' Schelmstück gehört?
Es kommt der Mord ihm nicht zu gut,
Sie sollen's bezahlen mit Leib und Blut !
Ich hoff', ihr steht mir treulich bei,
Daß das Vornehmen glücklich sei!
Mein Herz kein'n Trost, noch Fried' erwirbt,
Bis Bausback von mein'n Händen stirbt!"
Damit zuckt er die Faust und Schwert;
Sie riefen: „Er ist nichts Bess'res werth,
Er soll mit all' den Seinen sterben,
Wir wollen sie schlagen und verderben,
Daß keiner mehr bleib' in der Welt;
Wir thun, was dem König gefällt!"
So riefen sie all' in großem Zorn
Und grunzten wie die wilden Mohr'n;
Wie die Dohlen zu Felde fliegen,
Wenn sie im Herbst auf Dächern liegen;
Wie im Sturmwind die Wasserwellen
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Sich mit Rauschen an's Ufer schnellen;
Bissen die Zähne, stürzten die Spieß';
Ein Ieder sich bedünken ließ,
Er wollt' die Frosch' allein erschlagen,
Oder aus der ganzen Welt verjagen.
Das dritte Kapitel.
Rathhülfer gibt Ratb, was die Mäuse für Beistand
werben können.
Den Fürsten vornehmlich die Red'
Aus Zorn im Herzen wehe thät.
Insonderheit waren ihrer Vier,
Die ihr Bedenken brachten für.
Der erste des Königs Vetter war,
Hatt' Krieg geführet nun viel' Jahr',
An sich gebracht viel Gut und Land,
Und war Fürst Rathhülfer genannt.
Der sprach: „Daß man nichts übereil',
Es heißt mit Recht: Eil' mit Weil' !
Laßt uns zuvor um ein'n Beistand
Abschicken in der Ratzen Land,
Welche recht starke Riesen sein,
Ihrer drei würgen ein feistes Schwein.
Desgleichen auch die Wassermäus',
Die am Wasser haben ihr Gehäus';
Dazu sind noch die Haselmäus,
Mit ihren breiten Schwänzlein kreis,
Gemustert wie die Eichhörnlein;
Sollen gern unser Beistand sein
Das scharfzähnige Murmelthier,
Der Hamster, des Kornreichs Baron,
Des ganzen Mäusgeschlechtes Kron';
Niemand war, der es ihm nachthut,
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Er hat ein'n rechten Löwenmuth;
Darum er wohl mit Ehren trägt
Sein Kleid, mit Buntwerk wohl belegt,
Wie ein Kurfürst und Bannerherr.
Wir gönnen ihm billig die Ehr',
Lassen ihn ziehen vorne an;
Die Ratzen sollen nachher gähn (gehn);
Endlich wollen wir folgen drauf,
Der Haselmäuse heller Häuf.
Die Wassermaus sollen in's Wasser springen
Und die Feldflüchtigen umbringen;
Die Fledermäuse von oben 'rein
Können zuführen große Stein'
Und auf den Feind in aller Eil'
Abwerfen wie die Donnerkeil'.
Sonst wollen wir fetzen in's Gras
Die Zeismäus' mit der spitzen Nas',
Zu warten auf den Hinterhalt,
Daß sie die Frosch' todt beißen bald.
Dann lasset uns die Störche bitten,
Daß sie mit uns die Frosch' bestritten;
Sie würden sich nicht lang bedenken,
Den Fröschen ihre Schnäbel schenken.
Wenn das angeht, so ist's gemacht,
Dann haben wir gewonnen die Schlacht.
Darum nur immer frisch daran,
Ich will nicht sein der letzte Mann!"
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Das vierte Kapitel.
Fürst Reismehlsack warnt vor fremder Völker
Beistand im Kriege.
Nach diesem fing zu reden an
Ein wohlversuchter Kriegesmann,
Fürst Reismehlsack gar wohl genannt;
Hielt sein'n Spieß in der rechten Hand,
Und faßt' mit der linken den Degen,
Von Herzens Muth war er verwegen.
„Fürst Nothhülfer redet gar wohl",
Sprach er, „wenn ich aber auch soll
Bedenken, was uns nütz' möcht' sein,
So dünkt mich's Beste, wir bleiben allein,
Laden zu' uns nicht solche Gäste,
Die uns bissen aus unserm Neste.
Es gerathen solch' ungleiche Ding',
Wie es mit zwei Töpfen ging:
Einer war Erz, sehr theuer und werth,
Der andre schlechter Thon und Erd';
Standen am User allebeid',
Sich umzusehen kurze Zeit,
Bis ihre Schifsleut' wieder kämen,
Sie in ihren Gewahrsam nähmen.
Da ergoß sich wider Vermuthen
Ein groß' Wasser mit seinen Fluthen,
Erhob die Topf' und führt' sie hin;
Der irdne Topf sah aus gar schlimm,
Befürchtet', er würd' an's Ufer stoßen,
Er würd' ersäuft und voll gegossen;
Bat deswegen den eh'rnen Topf,
Wollt' er ihm helfen halten den Kopf,
Daß er nicht müßte untergehen;
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Er wollt' ihm wiederum beistehen.
Der eh'rne Topf sagt: „Warum nicht?
Ich will mich zu dir halten dicht."
Und streckt' damit ein Füßlein her,
Welch's des andern Topfs Handgriff war';
Wie aber der ird'ne Topf ging,
Daß er sich an den eh'rnen hing,
Er zu leicht im Wasser war;
Das hob ihn alsbald hoch empor
Und ließ ihn mit ein'm großen Schallen
Auf den eh'rnen hinunter fallen.
Da war der arme Topf entzwei,
Verschied mit einem großen Geschrei,
Lehrt allen Töpfen, Jungen und Alten:
Sollten sich zu ihres Gleichen halten.
Die Distel hört' auch den Eichbaum loben,
Daß er im Wald stünd' hoch erhoben,
Und eine schöne Tochter hatt',
Darum schickt' er zu ihm und bat,
Daß er die gäb' sein'm Sohn zum Weibe,
Und daß im Thal sie bei ihm bleibe.
Der Eichbaum wollt' die Wohnung sehen,
Alle Waldthier' mußten mit ihm gehen;
Eh' aber er fragt, wer ihn gebeten,
War Vater und Sohn ganz zertreten,
Und lernten auch mit großem Schaden:
Ungleiche Freundschaft sei nicht zu rathen.
Das fünfte Kapitel.
„Wie Prangern, dem muthigen Pferd,
Derselbe Possen auch widerfährt.
Das Pferd kam aus dem Paradeis,
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Hielt sich nach seiner Freiheit Weis',
Weidet sich ohne Neid und Haß
In schöner Au, im grünen Gras,
Und lief gegen den Wind zur Lust,
Daß Mähn' und Schwanz aufwehen mußt',
Daß sie wie Feuerflammen aufgingen,
Gleich als Flügel zierten das Springen;
Bis daß es kam zum Wiesenrand',
Welchen sich's selbst hat zum Ziel ernannt.
Da stand es, winket mit dem Ohr,
Zuckt die Schenkel, setzt den Fuß hervor,
Beißt die Zähne, wetzet den Mund,
Und lacht fröhlich aus Herzensgrund,
Daß Niemand seiner Schönheit gleicht,
Und das Ziel so bald wär' erreicht.
Das sah und hört' der Hirsch Hornung,
Biß aus großem Zorn seine Zung',
Spitzt die Ohren, klopft mit dem Schwanz,
Schnaubt mit der Nase, schickt sich zum Tanz,
Als ob's ihm wär' zum Spott geschehen.
Wollt' dem Hochmuth nicht mehr zusehen
Und sprang mit ein'm Hui auf das Roß
Mit einem gar gefährlichen Stoß,
Daß sich Pranger dafür entsetzt,
Als hätt' der Teufel ihn gehetzt,
Und lief schnell wie der Ostwind weht,
Wie eine Kugel zur Büchs' ausgeht,
Immer zu seiner Wiese auf.
Der Hirsch folget mit gleichem Lauf,
Sprang ihm vor, bot Haupt und Horn,
Wollt' recht sättigen seinen Zorn,
Bis das Pferd mußt' die Weid' verlassen,
Nehmen zum Mannthier seine Straßen,
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Bot, wenn das Mannthier ohne Beschweren
Zu Rettung seines Gut's und Ehren
Auf ihm wollt' sitzen mit ein'm Spieß,
So wollt' er's tragen ganz gewiß,
Daß es den Hirsch erstechen könnt';
Das Wildpret es ihm gerne gönnt'.
Das Mannthier sagt es zu, zu wagen;
Aber es wär' nicht genug am Tragen,
Es gehört' dazu Zaum und Gebiß,
Daß es den Lauf regiert' gewiß.
Prangern gefiel der Vorschlag schlecht;
Damit er aber würd' gerächt,
So dacht' er: „Ich will Alles wagen;
Wird nur mein Feind, der Hirsch, geschlagen!"
Das Mannthier legt' ihm an den Zaum,
Daß von dem Maul abfiel der Schaum,
Und macht' an seinen Schuh ein'n Dorn,
Weil noch erfunden nicht die Spor'n;
Nahm auch sein'n Bogen, Schwert und Spieß.
Das Pferd ihn willig aufsitzen ließ,
Und lief damit dem Hirsche zu.
Der stand beim Wasser in der Ruh',
Besah sich seiner Hörner Gestalt,
Wie in ein'm Spiegel abgemalt,
Dacht': „Schad' ist's nur, daß meine Bein'
So zart sind, schmal, so schwach und klein!"
Da schoß das Mannthier ihm in Eil'
Durch seinen Rücken einen Pfeil;
Das Roß fetzt' ihm nun tapfer nach,
Zu rächen die erlitt'ne Schmach,
Bis daß der Hirsch lief durch's Gesträuch,
Daß aus der Haut den Pfeil er streich',
Und unversehens daselbst sich hing
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An seiner Hörner Kummen Zink'.
Da flucht' er erst den Hörnern sehr,
Und lobt' die Füße nun vielmehr,
Und bat den Jäger um Verschonen.
Das Pferd sprach: „Nein, ich muß dir lohnen
Den großen Stolz und den Muthwillen,
Den du auch wollt'st an mir erfüllen."
Damit das Mannthier seinen Spieß
Dem Hirsch im Rennen durch's Herze stieß.
Da sagt' das Pferd: „Gott sei gedankt,
Daß ich mein'n Willen hab' erlangt!
Nimm ihn nun hin, du, mein Mannthier,
Bind' ihm zusammen alle Vier',
Schlag' ab sein Horn, zieh' aus sein Kleid,
So thut er mir nichts mehr zu leid.
Und zieh' mir wieder ab den Zaum,
So spazier' ich nach meinem Raum."
Das Mannthier sagt': „Das muß nicht sein,
Du mußt den Hirsch mir tragen heim,
Und Holz auch fahren zu dem Braten,
Weil Alles ist sehr wohl gerathen;
Sollst auch helfen dreh'n die Mühl',
Damit ich Mehl bekomm' die Füll',
Zum Braten Kuchen back' und Brod,
Davon ich dir auch gönn' das Schrot,
Insonderheit wenn du meine Gäst'
Auf dir nach Hause reiten läss'st."
Das Pferd hielt sich gar ungestüm,
Warf sich die Quer' und in die Krümm',
Wollt' den Zaum im Maul zerbeißen,
Und mit Gewalt sich auch losreißen,
Oder den Reiter gar absetzen,
Nicht mehr leiden das Domensetzen.
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Aber das Mannthier nahm sein Schwert,
Und schlug so grimmig auf das Pferd,
Stieß es mit seinem Stacheldorn,
Daß es aus Schreck die Sprach' verlor'n,
Und aus seiner lieben Freiheit
Kommen in ew'ge Dienstbarkeit.
Zuletzt wenn ich recht betracht'
Unsre eigne, große Macht,
Und wie der Geringste aus dem Haufen
Ein'm Elephanten kann entlaufen,
Halt' ich fremde Hilf' für unnoth.
Hab'n wir Mannthiere gebissen todt,
Ihrer ganze Länder voll verjagt,
Und wollten setzt sein so verzagt?
Kein Volk ist so schlecht in der Welt,
Wenn sich's fein aneinander hält
In brüderlicher Einigkeit,
Hat wohl acht der Gelegenheit,
Führt weislich Krieg und eilt geschwind, —
Das seinen Feind nicht überwind't;
Es wollt' denn Gott das Glück nicht geben,
Denn wider Gott ist nicht zu streben!"
Das sechste Kapitel.
Fürst Forklug rathet, daß man Alles mit wohlbedachtem
Rath angreife und sich nicht übereile.
Fürst Forklug war ein weiser Mann,
Bracht' sein Bedenken also an:
„Die Fürsten reden wohl und recht-,
Wir wollen's strafen; das ist schlecht,
Was die Frosch' uns haben gethan;
Wir brauchen auch keine fremde Mann;
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Es ist auch recht, daß man erschreckt
Den Feind, der noch im Winkel steckt,
Und daß man leicht den Held verjagt,
Der über sich selbst ist verzagt.
Wer aber Andre schrecken soll,
Muß sich selber verwahren wohl,
Daß er nicht erschrickt und werd' geschlagen,
Wenn er meint Andre zu verjagen!
Der Mülleresel wollt' den Sack
Nicht mehr tragen und andern Pack;
Wußt' doch nicht, wie er's sollt' anfangen,
Wenn er dem Müller wär' entgangen,
Daß dieser ihn nicht nehm' beim Strick
Und trieb mit Schlägen ihn zurück.
Er fand am Weg davon nicht weit
Eine Löwenhaut, wohl zubereit't,
Die einem Junker bei dem Jagen
Entfallen war von seinem Wagen;
Zog die fein zierlich an und um,
Und lief damit im Wald' herum,
Erschreckt' und jagt', wer an ihn kam.
Das Geschrei auch sehr überhand nahm,
Es wär' im Wald ein großer Leu,
Der sich seh'n ließ ohne Scheu,
Lief Jedermann nach gar vermessen,
Hätte des Müllers Esel gefressen,
Würde ohn' Zweifel das ganze Land
Morden, verwüsten nach der Hand.
Dem Esel im Herzen es wohlthat,
Daß er so groß' Ansehen hätt';
Gedachte: „Du mußt keck auftreten!
Man soll dich endlich noch anbeten;
Auch der Müller und sein Knecht.
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So willst du sie bezahlen recht."
Damit er hin zur Mühle ging,
Dem Müller erst zu grau'n anfing,
Und wollt' die Mühlenthür' zurücken:
Da sieht er die Ohr'n vorblicken,
Ruft sein Gesinde ungeheuer:
„Kommt her und schaut dieß Abenteuer!
Schaut her, da kömmt unser Kuman,
Hat ein'n Löwenpelz angethan!"
Damit er Kuman in der Hast
Bei seinen langen Ohren faßt,
Und zog die Löwenhaut ihm ab,
Und viele Schläg' ihm dazu gab;
Und Jeder spott't des armen Gecken,
Daß er den Esel nicht konnt' decken.
Darum ist's nicht ganz sich'rer Rath,
Daß man Lust zum Erschrecken hat.
Rathfamer ist's,
man eil' mit Weil',
Daß man sich auch nicht übereil'.
Wer etwas weiß zu bessern dran,
Tret' auf, laß sehen, was er kann!"
Das siebente Kapitel.
Friedlieb widerräth den Krieg.
Wie das so Jedermann vernommen,
Erhob sich wiederum ein Brommen,
Wankten, wie im Feld die Saat,
Wenn sie der Wind gerühret hat.
Einer sah den Andern an,
Wer sich ausgäb' für solchen Mann;
Bis der vierte Herr auch vortrat
Und offenbaret seinen Rath.
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Er war geboren edler Art,
Vor Alter grauet' ihm der Bart.
Derselbe ward unter den Alten
Für den allerweisesten gehalten,
Hielt sich reisig, wie ein Hofmann
Und schnallt' allzeit ein'n Säbel an;
War eh'mals Hofmeister gewesen,
Konnt' auch wohl schreiben und wohl lesen;
War jetzt Oberaufseher im Land',
Von Ernst und Tugend wohlbekannt.
Der winket Allen mit der Hand,
Daß man hielt einen Stillestand.
Bald schwieg der Haus und hörte still,
Was der alt' Friedlieb sagen will.
Wie sie nun aufsperrten den Mund,
Und Alle hinsahen, wo er stund',
Hob er die Augen von der Erd',
Sie allgemach zum Haufen kehrt',
Strich auch zurück am Bart den Knebel,
Fass't mit der linken Hand den Säbel,
Und räuspert sich zum dritten Mal,
Sprach, daß es schallet überall:
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„Großmächt'ger König, gnäd'ger Herr !
Die Sachen sind sehr groß und schwer,
Die wir jetzund anfangen wollen;
Darum wir's wohl bedenken sollen:
Denn vorgethan und nachbedacht,
Hat Manchen in groß' Leid gebracht,
Und vorbedacht, was noch mag kommen,
Hat gebracht oftmals groß' Frommen.
Ich gedenk', wie vor langen Jahren,
Da wir noch junge Mäuslein waren,
Und ich im Schloß am Fürstensaal
Mit meinen kleinen Brüdern all'
Hinter dem Getäfel im Nest
Verwahret lag sehr wohl und fest,
Hielten große Herren wohlbedacht
Heimlichen Rathfchlag die ganze Nacht,
Wie man ein'n Krieg wollt' fangen an.
Ausschreiben, besolden Pferd' und Mann,
Verlegen alle Weg' und Paß;
Der Eine sagt' dieß, der Andre das,
Bis endlich der Fürst scherzweis fragt,
Was denn der Hofnarr dazu sagt,
Der ungefähr auch war dabei,
Mehr Wesens macht, denn Andre drei,
Wenn er's Licht putzt, die Becher schwenkt
Und dann Bier oder Wein einschenkt;
Das war seine befohl'ne Sach',
Darauf er wartet im Gemach.
„Was ist denn Krieg?" fraget der Narr,
„Ist's eine Kuh, oder ein Farr (Ochse)?"
Der Fürst lachet und sagt nachher,
Daß Krieg ein solcher Handel war',
Da man sammelt viel' Leut' und Pferd'
Mit Harnisch, Bogen, Spieß und Schwert;
56
Daß der Feind auch desgleichen thät',
Zögen gegen einander auf einer Statt'.
„Was mehr?" fragt er. Der Fürst antwort't:
„Da hebt sich an ein grausam Mord;
Etliche Tausend werden erschlagen,
Etliche muß man halb todt wegtragen."
„Was denn", sagt der Narr, „was ist's End' ?"
Der Fürst lacht und antwort't behend' :
„Endlich verträget man die Sach'." —
„Billig ich solcher Thorheit lach' " ,
Sprach der Narr, „warum wollt ihr Affen
Euch nicht also bald Frieden schaffen,
Alle Sachen zuvor vertragen,
Eh' ihr werdet zu todt geschlagen?"
Diese Red' wollt' Keinem gefallen,
Und ward auch verspottet von Allen,
Bis sie endlich wurden geschlagen,
Mußten den Spott zum Schaden tragen. —
Wenn ich nun auch hier geb' den Rath,
Den jener Narr gegeben hat:
Man soll nicht so schleunig und bald
Die Sach' betreiben mit Gewalt,
Sondern zuvor Legaten senden,
Bausback anklagen vor des Reich's Ständen,
Ihn zur Straf' fordern ernstiglich.
Wollt er darauf nicht finden sich,
Bestellt man heimlich eine Wacht,
Die ihn erwischet auf der Jagd
Und bringt ihn her zu uns gefangen:
Am höchsten Baume sollt' er hangen!
Er ist doch schuldig ganz allein,
Und seiner
Unterthanen kein';
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Wird aber Krieg gefangen an,
So geht es über die Unterthan'n.
Darum räch' ich, eilt nicht so sehr;
Krieg wird Freunden und Feinden schwer.
Nächst einem gottseligen Tod
Ist Fried' das edelste Kleinod,
Das uns Mäusen hier kann zustehen.
Fried' soll vor Krieg und Sieg hergehen;
Fried' ist aller Welt Trost und Freud';
Gott erhalt' Fried' zu unsrer Zeit!"
Das achte Kapitel.
Milchrahmlecker wählt den Krieg, dem auch
der König beifällt.
Bald fuhr heraus ein junger Mann,
Der mit Ungeduld höret an,
Was Friedlieb gutherzig gesagt,
Frieden gerühmt, über Krieg geklagt, —
Junker Milchrahmlecker genannt.
Der meinet, es wär' Sünd' und Schand',
Wenn Jemand von den Feinden hört
Des Alten so verzagte Wort'.
„Wer sich nicht wehrt, ist leicht geschlagen;
Wer selber flieht, ist leicht zu jagen;
Wer seines Feindes erst' Gewalt
Nicht widersicht und rächet bald,
Der gibt Ursach' zum neuen Streit,
Daß er's mehr mach' zu andrer Zeit;
Drum bleibt der Schlange freier Paß,
Den Aal frißt man ohn' Unterlaß.
Damit uns dieß nicht widerfahr',
Die Frosch' nicht pochen alle gar,
58
Ist allerliebst des Königs Rath,
Daß wir angreifen frischer That!
Kein' tapfre That ist ohn' Gefahr,
Dank hat, der es nur wage dar!
Für König und Vaterland männlich sterben,
Mit seinem Blut den Fried' erwerben,
Das müssen thun die jungen Mann,
Die Muth und Blut im Busen han!" (haben)
Der König sah den alten Mann
Mit starren Augen grimmig an,
Und sprach: „Du fürchtest der alten Haut,
Es wär' Thorheit, daß man dir traut' !
Bleib' immer heim und bet' dieweil.
Wer meiner Gnad' will haben Theil,
Der mache sich in großer Hast
Mit seiner besten Wehr gefaßt,
Und find' sich morgen am Musterplatz,
Allwo ich ein Mandat erlaß;
Da wollen die Aemter wir bestellen,
Und was noth ist, ferner befehlen.
Und du Trompeter und Herold
Mit vier Reitern abreiten sollt'
Zum See, wo der Bausback Hof hält,
Und ihm sagen im freien Feld:
Wann der dritt' Tag anbrechen wird,
Daß man die Sonn' am Aufgang spürt,
Wollen wir an derselben Statt,
Wo er mein'n Sohn verrathen hat,
Ihm männlich liefern eine Schlacht;
Darauf foll er kurz sein bedacht!" —
„Gottlob, das ist recht!" rief die Schaar,
„Wir wollen ihn bezahlen baar,
59
Daß er des Königs Sohn ermord't!"
Damit ging Ieder an seinen Ort,
Und hatt' sonst nichts Anders zu sprechen,
Als wie er sich wollt' rüsten und rächen.
Das neunte Kapitel.
Wie den Fröschen der Krieg angesagt wird, und was
sie dabei beratschlagen.
So rücket an des Ufers Rand
Der Herold, Topfkriecher genannt,
Des Schrotkäs'n allerliebstes Kind,
Zeigt das Scepter und sagt geschwind:
König Partekfresser hochgebor'n
Hat wider euch gerechten Zorn,
Sammt der ganzen Mäusenation,
So unterworfen seiner Kron',
Daß du, König Sehbold Bausback,
Sein'n Sohn gestürzt in Tod vom Nack'.
Das wollen sie rächen mit der Hand,
Entsag'n dir, dein'n Leuten und Land,
60
Und wenn man am dritten Tage spürt,
Daß die Sonne aufgehen wird,
Wollen sie an derselben Statt,
Da du ergabst den falschen Rath,
Euch liefern eine blut'ge Schlacht,
Darauf seid mit kurzem Bedacht ;
Und habt ihr Herz und Hand zum Streit,
So wehrt euch unser, es ist Zeit!"
Damit schoß er ein'n Pfeil in'n Haufen,
Und ließ sein Pferd wieder heimlaufen.
Die Frosche aber entsetzten sich sehr
Ob dieser wunderlichen Mähr'.
Der König aber berief sofort
Die Männer auf ein'n besondern Ort,
Und sprach: „Ihr Herren und lieben Leut',
Wie seid ihr so unmuthig heut'
Und seht mich so unfreundlich an,
Als wenn ich wäre schuldig dran?
Des Königs Sohn kam ungebeten
Zu mir an's Ufer hergetreten,
War schneeweiß und gezieret fein,
Klug genug, aber vom Leibe klein.
Man sagt, daß eine weiße Maus ,
Veränder' und betrüb' das Haus.
Wohl mag's wahr sein, weil mir jetzunder
Die weiße Maus macht auch solch' Wunder.
Hat ihn die Wasserschlang' gefressen,
Oder hat er's Maul offen vergessen,
Und des Wassers zu viel gesoffen,
Daß ihm der Tod das Herz getroffen,
Ist's ohne mein Wissen und Will'n geschehen,
61
Ich Hab' davon gar nichts gesehen:
Wie ihr selber auch werdet sagen,
Wie herrlich ich ihn hab' getragen.
Drum seid getrost und unverzagt,
Wir werden unschuldig verklagt,
Ich habe das oft hören sagen:
Wer Andre fordert, wird geschlagen;
Und wer einem Andern gräbt ein Loch,
Muß selber darein stürzen noch!
Wir treten's Wasser und das Land,
Sie sind auf Erden nur bekannt,
Und müssen in dem Wasser sinken,
Jämmerlich wie ein Stein ertrinken.
So wollen wir die armen Thoren
Ergreifen bei den langen Ohren
Und alle in den See hinzwingen,
Und sie allesammt umbringen,
Und dann am Ufer überall
Aufrichten herrliche Freudenmahl',
Die todten Mäus' beim Hals aufhenken,
Daß andre Feinde daran denken.
Ja, wir wollen auch auf dem Platz
Uns zu ehren, dem Feind zum Trotz
Ein Schloß bauen mit Thurm daneben
Mit Namen: Zu den Wasserlöwen,
Daß wir daselbst die Mäus' umbracht
Mit Löwenmuth und Löwenmacht."
Das zehnte Kapitel.
Quadrat widerräth den Krieg.
„Warum das nicht?" sprach Jedermann;
„Wir wollen bei dem König stahn!"
62
Als Fürst Quadrat, der Ehrenwerthe,
Dawider ernstlich sich beschwerte:
„Gefährlich ist's, mit Mäusen kriegen,
Die all'zeit bei den Mannthier'n liegen,
Und lernen von ihn'n alle List,
Davon ihr noch gar wenig wißt.
Sie hab'n auch starke Zähn' und Klauen,
Können sehr beißen und hart krauen.
Es wird sein ein gefährlich Ringen,
Sollen wir eine in's Wasser bringen!
Es ist auch nicht zu aller Zeit
Gut Glück bei arglistigem Streit,
Dadurch man will ein ganz Geschlecht
Tödten, oder machen zu Knecht.
Zudem ist noch ein Zweifel dran,
Ob die Maus nicht schwimmen kann:
Denn als Hatto, Bischof zu Mänz (Mainz),
Das Korn sammelt' in seine Gränz',
Und arme Leute kam'n gelaufen,
Um ihr Geld ihm Korn abzukaufen,
Versperrt' er sie in eine Scheuer,
Und ließ sie verbrennen in dem Feuer.
Als aber die gefang'nen Mann
Ihr Jammergeschrei fingen an,
Lacht' der Bischof von Herzensgrund,
Sprach mit seinem gottlosen Mund:
„Wie schön können die Kornmäus' singen!
Kommt, kommt, ich will euch mehr Korn bringen."
Von Stund an sah er Abenteuer,
Die Mäuse liefen zu ihm vom Feuer
So häusig, daß Niemand konnt' wehren,
Sie wollten ihn lebend verzehren.
Drum baut' er mitten in den Rhein
63
Ein'n hohen Thurm von rothem Stein;
Aber es war verlorne Sach',
Sie schwammen ihm mit Haufen nach,
Stiegen muthig den Thurm hinauf,
Fraßen ihn ungebraten auf.
Darum, wenn Gott uns strafen wollt',
Am Schwimmen es nicht mangeln sollt'.
Drum wäre wohl ein guter Rath,
Man schickt den Mäusen ein'n Legat,
Ließ uns're Unschuld vorerst erklären,
Eh' man greifet zu den Wehren;
Bät' um ein'n Frieden und Vertrag,
Schickt' auch ein Geschenk, das viel vermag.
Besser ist Fried' mit Beschwerlichkeit,
Als Krieg mit eitel Gerechtigkeit."
Das elfte Kapitel.
Watarachs widerräth die Feldschlacht und wählt
die Belagerung.
Fürst Watarachs auch dazu spricht:
„Zur freien Feldschlacht rath' ich nicht.
Sie werden uns nicht sehr thun weh,
Wenn wir bleiben in unserm See,
Und lassen sie am Ufer warten,
Da wollen wir's ihnen seltsam karten.
Wenn der Regen und kalte Wind
Ihnen durch die Pelzlein rinnt,
So wird ihr Muth bald werden klein,
Und werden feind sich selber sein,
Daß solcher Lärm ist angefangen,
Wodurch sie nichts als Schimpf erlangen,
Und uns selbst anbieten Vertrag,
Oder heimlich kriechen in Sack.
64
Wir wollen auch Verehrung senden
Zu ihren Feinden an allen Enden,
An Katzen, Iltis, Wiesel, Weih',
Daß dieselben uns stehen bei
Mit ihr's Geschlechts Verwandten allen,
Sie unversehens zu überfallen.
Wenn das angeht, so sind wir frei:
Ich weiß sonst nichts, was besser sei!"
Das zwölfte Kapitel.
Morbachs will, daß man eine Feldschlacht halten soll.
Fürst Mordachs saß auch an dem Ort
Und gab darauf dieß zur Antwort:
„Ich halt' nicht rathsam solcher Maßen,
Daß man sich woll' belagern lassen,
Unsre Freiheit also einnehmen,
Und vor der ganzen Welt beschämen!
Daß Watarachs Mäusefeind' wollt' dingen,
Wider die Mäus' zu Felde bringen,
Ist gut, wenn Gott wär' bei der Sach',
Denn da fragt jetzt ein Jeder nach.
Wer mit Kriegern will Ehr' erjagen,
Muß sie wohl zahlen und wohl plagen,
Dem Uebelthäter thun sein Recht,
Er sei reich, arm, Ritter oder Knecht,
Damit sie in Gehorsam bleiben,
Den Feind auch helfen recht vertreiben.
Wer aber hat gottlose Händ,
Der hält nimmer gut Regiment,
Schafft auch wider den Feind kein'n Rath,
Weil er die Feind' selbst bei sich hat,
65
Die ihn nach Länge der Zeit auffressen.
Das müssen wir hier nicht vergessen:
Die Katz' will haben Speck all'zeit,
Der Wiesel frische Milch bereit't,
Iltis und Weih' der Hühnlein viel, —
Sonst fressen sie uns ohn' Maß und Ziel.
Darum rück' man zu ihm heraus
Zu Feld, vor des Mäus'königs Haus,
So findet jeder muth'ge Held
Täglich seinen Sold im Feld,
So essen wir der Feinde Brod,
Und unser Land kommt nicht in Roth.
Und ist uns nicht zu widerrathen,
Gleichwie die Satanier thaten,
Die Gott und Teufel bet'ten an,
Wollten sie beid' zu Freunden han,
Daß Gott ihn'n gnädig wär' all'zeit,
Daß der Teufel ihn'n thät' kein Leid.
Wir müssen auch unsre Mönche ehren,
Daß sie nebst uns dem Feinde wehren,
Mit Zulegen einer Summe Geld,
Die den Ratzen werd' zugestellt,
Speck, Bratwürst' und viel Korn zu kaufen,
Daß sie die Zahl der Mäus' nicht häufen.
Uns aber laßt in Mitte gehen,
Wie Helden bei einander stehen,
Mit Werfen, Stechen, Hauen, Schlagen,
So Gott will, den Sieg davon tragen;
Nur daß man bald zur Sache greif'
Und wart' nicht bis zum letzten Reif!
Ich will mit wagen Gut und Blut;
Der ist mein Freund, der auch so thut!"
66
Das dreizehnte Kapitel.
Rana gibt Rath, man sollte leinen fremden
Beistand haben.
Fürst Rana sprach: „Ja, herzlich gern,
Denn für unfern König und Herrn
Will ich lassen mein Leib und Leben,
Und eurem Rath nicht widerstreben;
Nur zwei Dinge ich darin find',
Die mir etwas bedenklich sind:
Das erste ist der fremde Beistand,
Das andre der Krieg in fremdem Land.
Ich rath', man lass die Fremden sein,
Und wir führen den Krieg allein;
Auch folgen wir demselben Rath,
Den erst der König geben hat:
Den Feind am Ufer zu erwarten,
Ihn da zu klopfen auf die Schwarten,
Oder in unserm See ertränken,
Daß Kind und Kindeskind dran denken!"
Der König sprach: „Das ist ein Mann,
Der rathen und beschließen kann.
Dabei bleibt es. Nun höret zu:
Wenn der Tag anbricht morgen früh,
So komm' hier jeder wieder her,
Gerüst't mit seiner besten Wehr,
Und erwart' dann ferner Bescheid,
Worauf und wann er sei bereit!"
Damit fuhren sie fröhlich ab;
Und da war kein so schlimmer Knab',
Der nicht anfing keck zu sagen,
67
Wie viel er wollt' der Mäus' erschlagen,
Wie er nun wär' so unverzagt.
Darauf ward die Rüstung gewagt.
Das vierzehnte Kapitel.
Von der Mäuse Rüstung.
Als nun der Kriegesrath gehalten
Von den Jungen und den Alten,
Fingen sie an sich zu rüsten
Auf das Beste, wie sie wüßten;
Machten ihr' Ordnung mancherlei,
Die Mäuse war'n gar hurtig dabei.
Erstlich, wie denn die Krieger pflegen,
Sie ihren Bein'n Harnisch anlegen,
Den sie aus frischen Bohnen machten,
Und fast die ganze Nacht zubrachten,
Damit die Schalen wurden hohl,
Und sich zu 'n Beinen schickten wohl.
Der Brustharnisch der war aus Rohr.
Künstlich gefaßt hinten und vor(n),
Mit eines Wiesels Haut verbunden,
Den sie neulich hatten geschunden.
Die Schilde waren aus Horn gebissen,
Von einer alten Laterne gerissen;
Die Spieße, wie Nadeln spitz und schmal,
Aus dichtem Erz geschmiedet all'.
Zuletzt nahmen sie große Nußlauben (-blätter),
Und setzten sie auf als Sturmhauben.
Sie musterten auch Jedermann,
Und wer da war an Fäusten lahm,
Oder die Finger nicht hatt' alle,
Vielleicht gelassen in der Falle,
Daß er den Spieß nicht führen kunnt':
68
Dem legten sie ein Gebiß in 'n Mund,
Und brauchten ihn gleichwie ein Roß;
Das war ein lächerlicher Troß.
Der König aber insonderheit
Hat angethan ein Wunderkleid,
Eines schwarzen Maulwurfs Haut,
Davor den Mäusen selber graut.
Die Augenlöcher war'n aufgezerrt,
Das Maul auch schrecklich aufgesperrt,
Daß man die weißen, scharfen Zähn'
Sah ordentlich bei einander stehn.
Die Handschuh waren abgeschnitten,
Die Beinlein geräumt inmitten,
Daß er könnt' führen Schwert und Stangen,
Den Feind erlegen, oder fangen.
Von der Achsel aber bis zur Hand
Vom Wieselschwanz ein Aermel stand.
Der Beinharnisch war hell und klar,
Wie ein Krystall durchsichtig gar,
Von einem Federkiel gedrehet,
Unten dran des Maulwurfs Schuh' genähet.
Zu schürzen er sich auch ansing
Mit einem goldnen Gürtelring,
Worin viel schöne Glöcklein hingen,
Die prächtig konnten einherklingen ;
Darnach legt er an das Halsband,
Darauf viel Goldes war gewandt.
Die königliche Kron' zuletzt
Er auf des Maulwurfs Haupthaar setzt,
Befestigt an den Seit'n mit Heften,
Mit gold'nen Nadeln und mit Steften (Stiften),
Damit sie nirgend weichen kunnt'.
Sie war von Gold formiret rund,
69
Mit zwölf geraden, spitzen Strahlen,
Wie man die Sonne pflegt zu malen.
Die hatten des Königes Vorfahren
In einem Aufruhre vor Jahren
Aus dem Kirchenschatz bekommen,
Und dem Götzen vom Haupt genommen.
Nie er war also angekleid't,
Hing er das Schwert an seine Seit',
War ein zweischneidig Federmesser,
Und auch nirgends zu finden besser,
Das Heft von weißem Elfenbein,
Die Scheide zierlich auch und fein,
Auch der Klinge nach gebogen,
Mit Gold und Seide überzogen.
Zudem er an dem Arm zu link
Einen Schild von Erz aufhing:
Am Rand die Mäus' die Katz' anbinden,
Sie erbärmlich und kläglich schinden;
In der Mitt' stand eine Fledermaus,
Breitet' Flügel und Klauen aus,
70
Mit drei Köpfen und ein'm Katzenschwanz,
Die Färb' war schwarz von schönem Glanz, —
Welches der Mäuse Wappen war.
Darunter stand ein Sprüchlein klar:
Ein'n kleinen Feind du nicht veracht',
Denn wenn du schläfst, so hält er Wacht!
Mit dieser Rüstung, Schild und Schwert
Sprang er mit gleichem Fuß auf's Pferd,
Und nahm dm Spieß von dem Trabant
Großmüthig in die rechte Hand,
Und warf sein Pferd künstlich herum,
Zur Rechten, Linken, quer und krumm,
Und sprach: „Das walt' der liebe Gott,
Helf' mir rächen meines Sohnes Tod!"
Sein Pferd war stark und geschwind,
Wie man die Ackermäuse find't
Nahe an der Hausratten Stand,
Und ward eine Mühlmaus genannt.
Es war auch auf besond're Art
Mit einer Wieselhaut verwahrt,
Die war mit Spangen so besetzt,
Daß es darunter blieb unverletzt.
Die andern Fürsten, Grafen, Herren,
Die dem König zogen zu Ehren,
Hatten sich nicht minder gerüst't,
So gut als jeder konnt' und wußt';
Wär' hier viel zu lang zu beschreiben,
Wir lassen's der Kürze halber bleiben.
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71
Das fünfzehnte Kapitel.
Von der Mäuse Schlachtordnung.
Nun ward ernstlich daran gedacht,
Wie man ein' gute Ordnung macht.
Vom Berg herab den Vortrab haben
Sollt' mit den muth'gen Schweizerknaben
Der Hauptmann über die Landsknecht',
Milchrahmlecker mit allem Recht'.
Herr Stolzer das Hauptfähnlein führt'
Und schwang's herum, wie sich's gebührt.
Es war als Wappen im grünen Feld
Aber ein Milchkühel hingestellt,
Und darüber drei weiße Käs',
Der Reim: IN HOC SIGNO VINCES ! *
* In tielem Zeichen siegen wir.
Es war aber also gemeint,
Daß die Schützen reizten den Feind,
Von dem See aufbrächen weit,
Und danach sich theilten zur Seit',
Daß der König durch ihre Mitt'
Unverhofft nehm' den Antritt,
Die Feinde mächtig dann angriff',
Und mit ihnen bergunter lief'.
Darum folget nach dem Anzug
Mit schwarzen Reitern Fürst Forklug,
Und dann der König in Person.
Des Reiches Fahne mit goldner Kron'
Und dreiköpfiger Fledermaus
Ward geführet weit voraus
Vor des Königs tapfrer Leibgard'.
72
Darauf folgte die deutsche Art
Der braunschweigischen Hofeleut',
Die war'n vertröst't auf reiche Beut';
Ihr Oberster, Fürst Reismehlsack,
Dünkt ihnen ein guter Vorschlag;
Eine Semmel, Knackwurst, eine Kanne
Hatten sie gemalet in der Fahne ;
Der Reim:
Nach einem guten Trunk
Wagt mancher Held ein'n hohen Sprung.
Herzog Würstlieb war im Nachtrab,
Führt' die Pommern zur Seite ab,
Mit Fürst Schinkenfraßens Beistand
Und vielen Andern ungenannt,
Mit Schluckbruder, der kühnen Maus,
Und ihrem Fähnrich, dem Saufaus,
Auch Herrn Mostwein mit seinen Knaben, —
Sahen so freundlich wie die Raben. —
Ihr Wappen war ein Birkenmeier,
Ein Schinken und neun Ostereier,
Der Reim aber:
Was Hirsch, was Hinde!
Man ehr' die Sau mit ihrem Kinde!
Die Deutschen hielten sich zur Recht',
Zur Linken französische Knecht';
Drei Liljen waren in dem Fähnlein,
Dabei ein Hahn mit diesem Reimlein:
Zwei Dinge prangen froh herein,
Die Lilj' am Wasser, der Mann beim Wein.
Vornehmlich ging ein großer Mann
Unter den Deutschen vorne an,
Beishart, der Mäuse Herkules,
Darum ich seiner nicht vergess'.
73
Sein' Sturmhaub' war ein' Hirschgestalt,
Die er denn zuvor mit Gewalt
Ein'm Schröter (Käfer) von dem Kopf gerissen,
Das Hirn inwendig ausgebissen,
Und die Hörner stehen lassen;
Stand gar erschrecklich Übermaßen.
Um Leib trug er ein weiß Hermlein (lin)
Mit einem schwarzen Schwänzelein,
Und von einem Hasenbein die Keule,
Gleich einer marmelsteinern Säule.
Brockenfraß war auch seines Gleichen,
Der keinem Maulwurf wollt' ausweichen.
Er hatt' die ganze Nacht gesessen
Und einen Beutel durchgefressen,
Und den als Harnisch angethan,
Der Kopf mußte zum Boden nausstahn (stehn),
Die Händ' durch, beide Seiten griffen;
Die Mäuse selber vor ihm liefen.
Dem folgt Stückeldieb, ihr Gesell,
War nicht allein an Füßen schnell,
Sondern hat auch starke Hände,
Daß er durchbrach alle Wände;
Hat über'm Hals bis zum Ellbogen
Ein rauhes Schweinsohr angezogen,
Und auf dem Haupt ein'n Schuh vom Schwein,
Unter dem Hals verbunden fein;
Der wollt' ganz unbewehret gehen,
Mit bloßer Faust den Kampf bestehen.
Auf allen Seiten im Hinterhalt
Waren die Westphalen bestallt,
Führten im Fähnlein einen Kranz,
74
Wie die Mägdlein haben beim Tanz;
In der Mitt' ein Herz mit Ohren,
Wie an den Kappen tragen die Thoren.
Der Reim:
Um schöner Mägdlein Kranz
Mein Herz im Scherz wagt eine Schanz'.
So zogen sie nach einander an
Mehr als zehnhunderttausend Mann.
Das sechszehnte Kapitel.
Friebliebens Aufzug.
Als diese Ordnung war bestellt,
Kam auch gezogen auf in's Feld
Ein alter Fürst, Friedlieb sein Name,
Vom Magdeburger Sachsenstamme,
Daß er sich ließ beim Konig werben;
Er wollt' mit siegen oder sterben,
Und wartet' nur auf sein'n Befehl,
Wo er sollt' haben seine Stell'.
Der König antwortet im Zorn:
„Friedlieb, zieh' hin zum kalten Born,
Da ist Fried', aber hier ist Streit;
So bleibst du von Gefahr befreit!"
Der Gesandte verstand es nicht,
Und bracht' Friedlieben den Bericht,
Er sollte, das wäre des Königs Wille,
Beim kalten Borne halten stille.
Damit zog Friedlieb hinten weg
Nach des kalten Borns schmalem Steg.
So hieß am Ufer eine Goss',
Woraus die Quell' zum See hinfloß.
Er hatte aber drei Reiterfahnen
75
Und zehn Fähnlein Landsknecht' beisammen,
In vielen Kriegen wohlversucht,
Obgleich keiner „Potz Marter" flucht.
Die Reiter führten Spieß und Schwert,
Ihre Bogen hingen an dem Pferd,
Die Köcher hinten an dem Rück,
Die Schild' am linken Arm zurück.
Eine rothe Burg war ihre Fahn',
Darauf sah man erhaben stahn
Eine Jungfrau in ein'm grünen Kleid,
Die zeigt ein Kränzlein wohlbereit't
Vom Blümlein Jelängerjelieber.
Ganz oben aber war darüber
Mit großen Buchstaben bedeut't:
Um diese Maid ist all' Arbeit.
Der Knechte Fähnlein war ein' Ros',
Im weißen Feld gesetzet bloß,
Mit einem besondern Reimgedicht:
Wer Rosen bricht, sich leichtlich sticht.
Damit man auch an allem End'
Seine Krieger vor andern kennt,
Bei finst'rer Nacht insonderheit,
Wenn die erreicht der späte Streit,
Fürst Friedlieb noch letzlich wollte,
Daß jeder ein Hemd tragen sollte
Ueber die Rüstung angethan,
Daß sie würden weiße Mann.
Da sie nun also einherzogen,
Gegen die Andern sehr abstachen,
Mußten sie, wie alberne Thoren,
Gar einfältig Gespött anhören.
Friedlieb sagt' darauf kein Wort,
76
Zog ungesäumt an seinen Ort,
Gedacht: „Ihr sollt erfahren recht,
Ob wir sind Mägdlein oder Knecht'."
Das siebzehnte Kapitel.
Von der Mäuse Schiffsrüstung.
Nach dieser Rüstung ward bedacht,
Wie man es auf den Nothfall macht,
Wenn etwa Eine in's Wasser käme,
Daß sie da nicht ihr Ende nähme.
Nämlich Die, so waren gebor'n
In Lastseeschiffen bei dem Korn,
Des Schiffs Gewohnheit und der See,
Was dazu gehört, gelernet meh (mehr),
Die sollten in Schiffen aufwarten,
Zusehen, wie sich die Händel karten,
Und in der Noth mit Hilf erscheinen,
Damit der Mäus' ertränken keine.
Dazu waren sie willig bereit,
Machten zwölf Schiffe in kurzer Zeit
Von weiten, langen Kürbisschnitten,
Nach der Länge getheilt inmitten,
Und fein meisterlich ausgehauen;
Waren wie Schiffe anzuschauen.
In jedes stiegen dreißig Mann,
Hatten Piken und Büchsen an,
Und Rautenkränz' auf ihrem Haar,
Hellbarten, Beile (keine Schwerter gar),
Von Lampen Gläslein abgeknickt,
Und in ein Hölzlein eingestickt.
Ihre Ruder waren breit' Hölzlein,
Die sie mit Speck genommen heim
77
Aus den Mausefallen, zum Verdrieß (Verdruß) i
Die Krücken lange Vogelspieß'
Aus Schindelholz glatt abgeschnitten,
Darauf ihre Söhnlein ritten.
Die Steuerhölzer waren recht frische
Harte Schwänz' von gebratnen Fischen,
Aus Vorlegtüchern Segel zart,
Die sie in langer Zeit gespart.
Sonst hatten sie geladen schwer
Viel Tausend Steine zur Abwehr,
Giftpulver, Dornen, Distelkeulen,
Den Fröschen zu schlagen viel Beulen.
Ihr Gubernator Achtseinnicht
Wußte gar viel alter Geschicht'
Von Seekriegen, Freibeuterei;
War oftmals gewesen dabei,
Da man einander auf den Nacken
Mit Handbeilen pflegt zu hacken,
Und frech zu stürzen über Bord;
Davon sprach er viel kluge Wort'.
Ueber das erste Schiff hatte Befehl
Der Luginsloch, war etwas scheel;
Das andre führet Schmeckebart,
Seiner Geburt jüdischer Art;
Das dritte regiert' Riechdenwind,
Ein wunderseltsam muthig Kind,
Konnt' untertauchen bis zum Grund
Wie ein Fisch und wilder Seehund;
Wenn man ein'n Groschen in's Wasser warf,
Fand er ihn wieder, sah so scharf;
Das viert' Beisharibrod wohlgemuth,
Ein Mann zu allen Dingen gut;
78
Er konnt' wohl steuern und wohl fahren,
Hatt' es gelernt in jungen Iahren;
Mit dem fünften kam Hintermutz,
Konnt' einem Wolfe bieten Trutz;
Strohknicker, der seltsame Kumpan,
Mußte das sechste Schifflein han; —
Kein Strohdach war gebaut so fest,
Er macht' darin sein Mäusenest.
Apfelschmack der siebente war,
Hatt' auf dem Haupt kein einzig Haar,
Der Wind hatt' sie hinweggenommen,
Nachdem er war aus Frankreich kommen;
Nach ihm folgte der Rindenfuchs,
Hatt' ein Pelzlein wie ein Luchs;
Und dann Schmierback und Erbsenfex,
Und Fornekuß und Hintenlex.
Die fuhren mit einander ab
Gar schleunig und in vollem Trab,
Sechs Schiffe vorn, sechs hintennach.
Der Gubernator wohl zusah,
Und ließ deshalb inmitten gahn
Seinen indianischen Nußkahn,
Worin er hatt' vier starke Knecht',
Die konnten den Kahn führen recht.
Sie rücketen am Ufer fort
An einen gar verborgnen Ort.
Also waren die Mause gerüst't,
Wie man auf's Allerbeste wüßt',
Und sandten Kundschaft, zu erfahren,
Wozu die Frosch' gesinnet waren.
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79
Das achtzehnte Kapitel.
Der Frösche mancherlei Rüstung.
Die Frosch' nahmen ihr' Sach' in Acht,
Rüst'ten sich auch mit aller Macht.
Mit Schilf sie ihre Bein' einkleid'ten,
Von Seeblumen Harnisch' bereit'ten,
Ihr Schild war ein rundes Blatt,
Ihr Spieß eine Bins', die ein' Spitz' hat,
Ihr Helm ein buntes Schneckenhaus;
Also putzten sie sich 'raus;
Und dieß für den gemeinen Mann.
Die aber wollten vorne an
Und machen, daß den Mäusen graut,
Trugen Fisch- oder Schlangenhaut,
Große Keulen von Wassernüssen,
Die Mäuse damit zu begrüßen.
Andre hatten aus Fischgräten
Bogen, künstlich krumm getreten,
Darauf legten sie scharfe Spitzen,
Wie den Fischen am Rücken sitzen.
Sie brachen auch fein in der Mitte
Die Muscheln in längliche Schnitte,
Wie ein zweischneidig Glas gehört;
Das wurden scharf' glänzende Schwert,
In einer Rohrwurzel verwahrt,
War ein' besondre Scheidenart.
Vor Allen sah König Bausback
Also daß man vor ihm erschrak,
Daß selbst den Fröschen vor ihm graut'.
Er trug ein' grün' Eidechsenhaut,
Die hing vom Kopfe bis zur Erd',
Und war für Schuß und Stich bewährt,
80
Darauf er eine Schlangenkron' führt',
War für den Fall auch oft probirt.
Am Hals hatt' er einen Perlenkragen,
Einen Perlengürtel um den Magen,
Ein Schwert von einer Perlenmutter
In einem langen Schneckenfutter;
Der Schild eine ganze Perlenschal',
Deren man findet zwei zumal.
Darin war künstlich eingegraben,
Und mit Farben schön erhaben,
Ein Biber, der sich sehen ließ,
Als war' zugleich er Hund, Frosch, Fisch.
Durch dieses Bild wird angedeut't
Die Wundernatur der Frofchleut',
Die beides,' zu Wasser und zu Land,
Mit Schwimmen und Hüpfen sind bekannt,
81
Und doch nicht stumm sind wie die Fisch',
Sondern rufen und bellen frisch.
Man zog ihm auch hervor sein Roß,
Schön bekleidet mit gold'nem Moos,
In einen Panzer zusammengedreht,
Das rauscht, wenn sich das Pferd bewegt;
Darauf sich König Bausback satzt',
Und that drei Luftsprüng' auf dem Platz,
Nahm seinen langen Binsenspieß,
Den er seinem Herold tragen ließ,
Und sprach: „Wenn ich den Mauskönig hätt',
Und er mich gleich um Gott's Will'n bät',
Wollt' ich ihn mit dem Spieß durchstechen,
Und die Spitz' im Herz abbrechen!"
Desgleichen sagten die andern Herren,
Sie wollten all' sich männlich wehren.
Das neunzehnte Kapitel.
Der Frösche Schlachtordnung.
Des Königs Rath ward auch bedacht
Und die Schlachtordnung so gemacht,
Daß in der Mitt' die leichten Knaben
Sollten den Stand und Angriff haben;
Zur Seite aber die schwergerüst'ten,
Die mit den Mäusen zu ringen wüßten.
Hauptmann Mohrtanz sollt' vornean
Mit drei Fähnlein zum Angriff stahn,
Die alle Bogenschützen waren
Und im Steinwerfen wohlerfahren,
Aus Holland und Seeland angekommen,
Als sie den neuen Krieg vernommen.
Das Hauptfähnlein war ein Seeblatt,
Drei Häringsköpf' im Wappen hat,
82
Der Reim:
Willst du Ehr' davon tragen,
So mußt du den Kopf daran wagen.
Darauf trat Rülinger herfür,
Der war der Andern Ehr' und Zier.
Dem folgten in der Mitt' die Schützen,
Die Steinewerfer zur Seit' herstürzten.
Fürst Wasserfreund sollt' sie regieren
Und zu dem Feinde hinanführen.
Nach diesem sah man ziehen an
Zur rechten Hand den Oberst Ran
Und etlich' Tausend frisische Frösch',
Davon ein jeder faß zu Roß,
Führten lange Spieß' und kurze Degen,
Hielten sich wunderlich verwegen.
Ein weiß' Milchtuch war die Fahn',
Das eine Kühmagd hat fallen lan (lassen);
Das Wappen ein Nothkäferlein,
Der Reim:
Fliehe, oder du bist mein!
Zur linken Hand zog auch daher
Der Feldmarschall mit seinem Heer,
Fürst Mordachs mit den Reiterknaben,
Die gekommen war'n aus Schwaben,
Führten Schwerter, Armbrust und Hammer,
Wollten den Mäusen bringen Jammer.
Ihre Fahne war ein Schnupftuch,
Das ehemals ein Schön Mägdlein trug;
Das Wappen ein rother Regenwurm,
Der Reim:
Der Wurm erhält den Sturm.
Hinter diesen folgt' die Blutfahn',
Gemalt vom wilden rothen Mann;
83
Darnach rückt der König herbei
Mit seiner starken Leibgardei,
Darunter viel Schweizer aufwarten
Mit Degen und mit Hellebarten;
Die führt Makron, ein tapf'rer Mann,
War auch sehr schön angethan.
Auch war da mit Keulen bestellt
Aus Ditmarschen manch' starker Held;
Darnach mit Gürtelbeil und Krücken,
Die wohnen an der Seestädte Brücken;
Endlich die engländischen Schützen
Mit ihren wattmannischen Mützen, —
Bis man die oberste Hauptfahn'
Auch sah vor dem König hergan:
Eine goldne Haut von einer Schlangen,
Daran sah man ein Wappen hangen,
Drei gelbe Wasserlilien fein
Im blauen Feld, mit diesem Reim:
Wer diese Blumen frisch will sehen,
Der muß, darnach in's Wasser gehen.
Der König auch beschützet ward
Von Fürst Watarachs und Quadrat,
Die aus der Mark, Kassuben, Wenden
Und aus des Havellandes Enden
Viel Reiter und viel Knecht' mitbrachten
Und den König stolzmüthig machten.
Zuletzt nach Allen kam gelaufen
Mancherlei Volk in großen Haufen
Aus Brabant, Holland, Polen, Reußen,
Aus Liefland, Kurland und aus Preußen,
Die sollten Spieß' und Gabeln brauchen,
Die Mäuse in's Seewasser tauchen,
Bis alle würden umgebracht:
So ward der Frosch' Ordnung gemacht.
84
Das zwanzigste Kapitel.
Von der Frösche und Mäuse Kundschaft
Wie sie hatten also Raum,
Kamen zwei Laubfrösche von dem Baum,
Zeigten an, daß zur Linken am See
Ein sonderlich weißes Kriegsvolk steh'.
Darauf Fürst Quadrat von Stund an
Herunter schickt zwei kluge Mann,
Taucher und Ködderitz mit Namen,
Die unterm Wasser dahin kamen,
Wo Friedlieb mit den Seinen wacht
Und hielt sein' Sach' in guter Acht.
Als nun Friedliebens Wacht gesehen,
Daß Frösche aus dem Wasser gehen,
Im langen Grase heimlich schleichen,
Will sie nicht vor ihnen weichen;
Sondern rückt sich auch in's Gras
Und verläuft ihnen den Paß,
Ergreift sie endlich alle Beid',
Friedlieb erfäbrt von ihn'n Bescheid,
85
Wie die Frosch' ihre Ordnung gemacht,
Wie sie zu siegen sind' bedacht, —
Laßt Alles auch dem König sagen,
Daß er sich nicht so bald soll wagen
Den flücht'gen Fröschen zur Nachjagd,
Daß er nicht werd' in Noth gebracht.
Der König antwortet mit Spott:
„Wenn gegenwärtig ist die Noth,
So will ich sein Bedenken fragen;
Er soll nicht unnütz Sorge tragen."
Da ließ es Friedlieb auch geschehen,
Gedacht', wie er wollt' weislich sehen,
Daß er den Fröschen Abbruch thät',
Und die Mäus' aus Noth errett'.
Darum er die Kundschafter mehr
Ließ fragen und auch plagen sehr,
Bis er von ihnen ward bericht't,
Die Frosch' wollten zum Berge nicht,
Der am See gen Abend lag:
Denn darauf noch am frühen Tag
Viel Krähen und viel Geier gesessen,
Als wollten sie die Frösche fressen;
Es hätt' auch zuvor die Schildwacht
Gesehen in der dritten Nacht
Vom Berg abstürzen viele Flammen,
Dazu ein großes Volk beisammen
Unsichtbar auf einander rannt',
Daß erbebt' das ganze Land. —
Darum hielten sie allzumal
Unten im geraumen Thal,
Allwo der See zur Linken stand,
Aber der Berg zur rechten Hand,
Woher hernach auch weht der Wind,
86
Und die Sonn' am Abend verschwind't:
Da wollten sie des Feindes warten
Und mit ihm wechseln die Hellbarten.
Indeß kamen die Maus' heran,
Unzählig viel der kleinen Mann,
Zogen von Morgen nach Mittag,
Zu versuchen diesen Vorschlag,
Wie sie von da könnten fortrücken,
Und die Sonne haben im Rücken,
Den Berg zur Linken gegen den Wind,
Daß man sie nicht umringen künnt';
Daß sie von der Höh' führen ab,
Den Feind umliefen in einem Trab.
Den Vortheil doch die Frösch' nicht gern
Auf ihrer Seite wollten entbehr'n,
Mochten doch nicht den Berg 'nangehen,
Auf dem sie böse Zeichen gesehen;
Wankten derhalben hin und her,
Zu warten, wie's am besten wär'.
Bis daß der Mauskönig abgesandt
An den See zu der Frösche Stand
Einen Trompeter, einen edlen Knaben,
Ließ auch sechs Trabanten mittraben,
Zu fragen, was Bausback gemeint
Mit Denen, welche von dem Feind
Gefänglich wurden weggenommen,
Ob's Blut gelt', oder Ranzionen?
Die Frösche schrieen: „Keine Gnad' !
Jeder den Tod zu erwarten hat,
Er war' erschlagen, oder gefangen,
Er foll ersaufen, oder hangen!"
Der Knabe bracht' dem König Bericht;
87
Der sprach: „Es soll dem Bösewicht
In ein paar Stunden schon gereuen;
Mit Worten laß ich mich nicht scheuen.
Wer am meisten pocht', der kroch
Gemeiniglich zuerst in's Loch!"
Bald ward des Staubes immer mehr,
Als wenn's ein dicker Nebel wär',
Und zog ein jeder Haufen fort
An den zur Schlacht gewählten Ort.
Die Frösche rückten vom Wasser her,
Als wenn's der Moses selber wär'
Und von neuem auf Gottes Befehl
Durchs Meer führt das Volk Israel,
Da Mann, Weib, Kind und Vieh mitliefen,
Wunderlich durch einander riefen.
Die Mäuse aber gingen still,
Und machten des Lärmens gar nicht viel,
Rauschten nur heimlich mit den Wehren,
Nie die wachsenden Kornähren,
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Wenn sie der Wind herniederschlägt
Und wieder in die Höhe regt;
Daß, wo man nur das Aug' hinwandt',
Da lebt' und bebt' das ganze Land;
Daß auch die Vögel, die ohngefähr
An denselben Ort zogen her,
Davor sich entsetzten dermaßen,
Daß sie ihre Straße mußten verlassen,
Und aus dem nächsten Wald mit Grauen
Diesem Wunderhandel zuschauen.
(Ende des zweiten Theils.)
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